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Video: Video bezieht sich auf visuelle und akustische Inhalte, die mit elektronischen Mitteln aufgezeichnet und wiedergegeben werden, wobei bewegte Bilder und Töne erfasst werden. Es umfasst verschiedene Formate, von analog bis digital, die die Aufzeichnung, Speicherung, Übertragung und Anzeige von visuellen Informationen ermöglichen.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Vilém Flusser über Video – Lexikon der Argumente

I 196 f
Video/Flusser: Das Video ist ein relativ neues Element in der kodifizierten Welt. Man sieht noch nicht voraus, wie Videos funktionieren.
Sie sind "gefährlich", weil es bei ihnen noch möglich ist, sie von der Absicht abzulenken, für die sie konstruiert sind.

((s) Flusser schrieb vor der Entstehung des World Wide Web, Youtube, Instagram, TicToc etc. - Youtube-Filme unterscheiden sich allerdings nicht unbedingt von den von Flusser diskutierten Formen).

Flusser: Videos sind "revolutionär" etwa wie Autos "revolutionär" sind, die für Geschlechtsverkehr statt für Autoverkehr verwendet werden.
>Revolution/Flusser
.
I 197.
Das Videoband kann nicht redigiert werden, es rollt ab, wie es aufgenommen wurde. Eine ganz neuartige Wiederholung der Geschichte. Das Video kann die Zeit räumlich machen, indem auf dem Band "früher" als "hinter" dargestellt wird.
((s) Flusser schrieb zu einer Zeit, in der Videos auf Band aufgenommen wurden und nicht manipulierbar waren, weil sie sich in Kassetten befanden, die nicht geöffnet werden konnten.)
Flusser: Das Video wird nicht geschnitten. Man kann die Zeit "ausradieren", wie auf der Tafel mit Kreide geschriebene Texte.
Verschiedene, überlagerte Zeitschichten lassen sich beseitigen, so dass eine verdeckte Zeitschicht sichtbar wird, ein Vorgang, der aus der Psychoanalyse und Archäologie als "Emergenz" bekannt ist.
>Zeit, >Psychoanalyse.
Statt eines Spiegels: ein Monitor, der sich mitten in der Szenen befindet und eine Art Dialog mit sich selbst führt.
I 198
Er ist kein klassischer Spiegel mit Rechts/Links-Umkehrung und bietet daher kein Spiegelbild. Da das Kathodenlicht ein ganz seltenes Licht ist, das weder direkt noch indirekt von der Sonne kommt, ist der Monitor in ein außerordentliches und revolutionäres Licht gebadet.
I 199
Der Fernsehapparat funktioniert wie ein Fenster, durch das Dinge jenseits des Horizonts gezeigt werden, der Monitor wie ein Spiegel gegenwärtiger oder vergangener Ereignisse.
>Fernsehen.
Der Stammbaum des Videos gliedert sich in Wasseroberfläche, Spiegel, Mikroskop, der des Films in Höhlenwand, Hauswand, gerahmtes Bild, und Fotografie.
>Bild/Flusser, >Kino/Flusser, >Fotografie/Flusser.
Video ist wesentlich dialogisch. Man kann sich z.B. von hinten oder etwas verzögert sehen.
I 200 ff
Fernsehen/Flusser: Die Bedienung ist einfach, aber die Gründe, warum die Kiste funktioniert, sind undurchsichtig. Solche Systeme sind strukturell komplex und funktionell einfach.
>Komplexität.
Gegenteil: Systeme deren Aufbau durchschaubar ist, deren Handhabung aber schwierig. Bsp Schachspiel.
>Schach.
I 201
Fernsehen dadurch gekennzeichnet, dass der mit ihnen Spielende selbst zum Spielball wird, das Spiel verschluckt ihn.
>Spiel.
Es ist eine verbreitete Meinung, dass die Familie im Halbkreis um die Kiste herumsitzt, die daher die Stelle einnimmt, die früher die Mutter oder der Lehrer eingenommen hat. Das ist falsch: Die Kiste ist kein Sender, sondern Endpunkt eines Strahls.
Der Halbkreis ist ein Segment eines gigantischen und für die Raumbewohner unsichtbaren Kreises.
Bilder und Töne werden empfangen, als ob sie traditionelle Bilder und Töne wären. Sie bedeuten für den Empfänger "Szenen" Dabei verdrängen die Empfänger ihr nebelhaftes Wissen von dem Apparat, er ist nicht etwas gutgläubig, sondern arbeitet (mit etwas schlechtem Gewissen) bei der beabsichtigten Täuschung mit, die Zeichen seien Zeichen für Szenen.
>Zeichen.
Tatsächlich gibt es ein spezifisches Bild zum Entschlüsselns aller anderen Bilder: den "Ansager" dieses Bild "sagt an", ob es sich bei den nachfolgenden um Fakten, Fiktionen (z.B. Fernsehspiele) oder Imperative (Werbung) handelt.
>Tatsachen, >Fiktionen, >Imperative.
I 202
Den Bildern selbst lassen sich diese Unterschiede nicht entnehmen. Der "Ansager" kann auch fiktiv sein z.B. ein Schauspieler, der einen Ansager mimt.
Als Folge davon ist es dem Empfänger gleichgültig, ob er faktisch, fiktiv oder imperativisch informiert wird. Da er so tut, als ob aus der Kiste "Bilder der Welt" strömten, ist es ihm gleich, ob diese Welt faktisch oder imperativisch ist.

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Fl I
V. Flusser
Kommunikologie Mannheim 1996

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