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Frieden: In der politischen Theorie kann Frieden als ein Zustand sozialer und politischer Harmonie verstanden werden, der durch die Abwesenheit von Gewalt, Krieg und Ungerechtigkeit gekennzeichnet ist. Die meisten politischen Philosophen sind sich darin einig, dass er Zusammenarbeit, Vertrauen und eine Verpflichtung zur Gerechtigkeit erfordert. Siehe auch Gerechtigkeit, Gewalt, Krieg, Zusammenarbeit.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Augustinus über Frieden - Lexikon der Argumente

Höffe I 110
Frieden/Augustinus/Höffe: Der erste große Friedenstheoretiker des Abendlandes ist Augustinus. Nach seinen
Höffe I 111
frühen Werken ist der Friede im Anschluss an das stoische Ideal des Weisen ein innerer Zustand der Affektfreiheit. Dieses Verständnis gibt Augustinus später nicht auf, nimmt aber drei gewichtige Veränderungen vor.
1. (...) der Friede [bleibt] ein Leitinteresse des Menschen und soll trotzdem im irdischen Leben unerreichbar sein. Verantwortlich dürften zwei Faktoren sein, das durch die Erbsünde verlorene Paradies und der Blick auf ein neues Paradies im himmlischen Jerusalem: In Übereinstimmung mit dem Grundcharakter des Gottesstaates ist der entscheidende, «wahre» Frieden eschatologischer Natur.
2. In einer deutlichen Spitze gegen die «heidnische» Ansicht, die Menschen könnten selbst für ihr Wohl sorgen, hängen diese zweitens auch hinsichtlich des Friedens von der göttlichen Gnade ab.
3. soll der Friede nicht bloß unter den Menschen, sondern im ganzen Kosmos, dabei insbesondere als «Frieden mit Gott» herrschen(1).
Höffe: Die Jenseitigkeit des Friedens, seine Abhängigkeit von einer außerirdischen Macht und die Relativierung der der Politik übertragenen Aufgaben, ist deshalb attraktiv, da sie dem Frieden eine schwerlich überbietbare Reichweite und begriffliche Fülle, einen superlativischen Rang verleiht.
Problem: Der eschatologische Charakter hat jedoch den hohen Preis, dass der irdische, vom Menschen selbst zu stiftende, folglich auch zu verantwortende Friede zu einem unvollkommenen Abbild des einzig wahren, von göttlicher Gnade abhängigen spirituellen Friedens degradiert wird.
Höffe I 112
Irdischer Frieden: Die Relativierung des den Menschen überantworteten Friedens ist umso erstaunlicher, als der Gottesstaat, wie erwähnt, vor dem Hintergrund eines staatsgeschichtlich überragenden Ereignisses, der Einnahme Roms, entsteht. [Augustinus] kennt zwar den irdischen Frieden, stellt ihn aber als Friede Babylons bloß. Obwohl im irdischen Leben nichts sehnlicher begehrt werde als das Gut des Friedens (2), da er irdische Vorteile verspreche(3), obwohl sich der Mensch mit allen Mitteln um einen Frieden bemühe(4) und obwohl schließlich der Friede die natürliche Form des Zusammenlebens sei (...).
HöffeVsAugustinus: Außer der hier praktizierten Geringschätzung des genuin politischen Friedens fällt bei einem thematisch so reichen Konzept ein Defizit auf: Der zwischenstaatliche Friede fehlt.


1. Augustinus, Der Gottesstaat XIX, 27
2. Ebenda XIX, 11
3. Ebenda XIX, 17
4. Ebenda XIX, 12


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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.
Augustinus

Höffe I
Otfried Höffe
Geschichte des politischen Denkens München 2016

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