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Wahrheit, Philosophie: Verschiedenste Ansätze nehmen für sich in Anspruch, Wahrheit entweder zu definieren, zu erklären oder ihre prinzipielle Undefinierbarkeit zu behaupten. A. Sprachlich orientierte Theorien setzen entweder eine Übereinstimmung von Aussagen mit Ausschnitten der Welt oder eine Stimmigkeit mit anderen Aussagen voraus. Siehe auch Wahrheitstheorie, Wahrheitsdefinition, Bedeutungstheorie, Korrespondenztheorie, Kohärenztheorie, Tatsachen, Sachverhalte, Paradoxien, Semantik, Deflationismus, Disquotationalismus, Kriterien, Beweise. B. Handlungsorientierte Wahrheitstheorien nehmen eine zukünftige Verwirklichung von Zuständen zum Maßstab, die mit einem angestrebten Ideal in Einklang gebracht werden sollen. Siehe auch Wirklichkeit, Richtigkeit, Pragmatismus, Idealisierung, Ideen. C. Wahrheitsorientierte Theorien der Kunst sprechen Kunstwerken unter Umständen Qualitäten zu, die die zukünftige Verwirklichung von als ideal angenommenen gesellschaftlichen Zuständen zum Vorschein bringen. Siehe auch emphatische Wahrheit, Fiktionen, Kunst, Kunstwerke.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Alfred Tarski über Wahrheit – Lexikon der Argumente

Glüer II 22
Wahrheitstheorie/Davidson: Das in der Metasprache (MS) definierte W-Prädikat kann in die Objektsprache zurückübersetzt werden und der Zustand vor Eliminierung des "wahr" wiederhergestellt werden.
>Wahrheitsprädikat
, >Objektsprache, >Metasprache.
Objekt- und Metasprache sollen das Prädikat "wahr" enthalten!
>Homophonie.
Davidson kann jedoch dem Dilemma ausweichen, indem er erst gar keine Definition aufstellt. Er nennt das eine "Wahrheitsdefinition im Stile Tarskis" im folgenden "W-Theorie" genannt.
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Rorty IV (a) 22
Wahr/Tarski: Die Äquivalenzen zwischen den beiden Seiten der W-Sätze entsprechen keiner Kausalbeziehung!
>Äquivalenz, >Tarski-Schema.
Davidson: Es gibt keine Möglichkeit, die wahren Sätze derart zu unterteilen, dass sie auf der einen Seite "Faktisches" ausdrücken, während die auf der anderen Seite es nicht tun.
Vgl. >Korrespondenz, >Korrespondenztheorie.
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Berka I 396
Wahrheit/Tarski: Wir gehen von der klassischen Korrespondenztheorie aus.
I 399
Wahrheit deuten wir so: wir wollen alle Sätze als gültig ansehen, die dem Tarski-Schema entsprechen - diese sind Teildefinitionen des Wahrheitsbegriffs. - Sachlich zutreffend: ist die Wahrheitsdefinition, wenn wir imstande sind, alle erwähnten Teildefinitionen aufgrund der Metasprache zu beweisen.(1)

1. A.Tarski, „Grundlegung der wissenschaftlichen Semantik“, in: Actes du Congrès International de Philosophie Scientifique, Paris 1935, Bd. III, ASI 390, Paris 1936, S. 1-8
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Berka I 475
W-Def/Wahrheit/Tarski: falsch: anzunehmen, es sei eine wahre Aussage nichts anderes als ein beweisbarer Satz. - Das ist rein strukturell.
Problem: keine W-Def darf dem Satz vom ausgeschlossenen Dritten (SaD) widersprechen.
Pointe: Dieser hat aber im Gebiet der beweisbaren Sätze keine Geltung! - Bsp Es kann zwei sich widersprechende Aussagen geben, die nicht beweisbar sind - alle beweisbaren Aussagen sind zwar inhaltlich wahr, die W-Def muss aber auch die nicht-beweisbaren Sätze enthalten!
>Beweisbarkeit, >Definitionen.
Berka I 482
Def wahre Aussage/Tarski: x ist eine wahre Aussage (Schreibweise x ε Wr gdw. x ε AS (AS = sinnvolle Aussage)) wenn jede unendliche Folge von Klassen x erfüllt.
>Erfüllung/Tarski.
Das liefert kein Wahrheitskriterium.
>Wahrheitskriterium.
Das ist kein Problem: dennoch wird der Sinn von "x ε Wr" ( x gehört zur Klasse der wahren Aussagen ) verständlich und eindeutig.
I 486
Relative Wahrheit/Richtigkeit im Bereich/Tarski: Relative Wahrheit spielt eine viel größere Rolle als der (Hilbertsche) Begriff der absoluten Wahrheit, von dem bisher die Rede war.
>Wahrheit/Hilbert.
Dann modifizieren wir Def 22 (rekursive Erfüllung) und 23 (Wahrheit). - Als abgeleitete Begriffe werden wir den Begriff der Aussage, die
a) in einem Individuenbereich mit k Elementen richtig ist und
b) der Aussage, die in jedem Individuenbereich richtig ist, einführen. (2)

2. A.Tarski, Der Wahrheitsbegriff in den formalisierten Sprachen, Commentarii Societatis philosophicae Polonorum. Vol 1, Lemberg 1935
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Horwich I 111
Wahrheit/Tarski: Wahrheit ist eine Eigenschaft von Sätzen. Bei der Erklärung referieren wir aber auf "Tatsachen". - (Anführungszeichen von Tarski).
>Tatsachen.
Horwich I 124
Wahrheit/wahr/Eliminierbarkeit//Tarski: Wahrheit ist nicht eliminierbar bei Allaussagen.
Vgl. >Wahrheit/Quine, >Verallgemeinerung.
Wahrheits wird gebraucht, wenn ausgedrückt werden soll, dass alle wahren Sätze eine bestimmte Eigenschaft haben.
Bsp Alle Konsequenzen aus wahren Sätzen sind wahr.
Wahrheit ist auch nicht eliminierbar in Partikularaussagen der Form "X ist wahr": Bsp der erste Satz den Platon schrieb, ist wahr. - Weil wir nicht genug historisches Wissen haben.(3) - ((s) Die Kennzeichnung "der erste Satz..." ist hier der Name des Satzes. - Dieser kann nicht in den Satz selbst umgewandelt werden.
Eliminierbarkeit: Eliminierbarkeit aus Definition ist eine ganz andere als aus Redundanz.)
>Elimination, >Eliminierbarkeit, vgl. >Redundanztheorie.


3. A. Tarski, The semantic Conceptions of Truth, Philosophy and Phenomenological Research 4, pp. 341-75
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Skirbekk I 156
Def Wahrheit/Tarski: Eine Aussage ist wahr, wenn sie von allen Gegenständen erfüllt wird, sonst falsch.
I 158
Wahrheit/Tarski: Mit unserer Definition können wir den (semantischen, nicht logischen) Satz vom Widerspruch und den Satz vom ausgeschlossenen Dritten beweisen.
>Widersprüche, >Ausgeschlossenes Drittes.
Die Aussagenlogik beinhaltet den Term "wahr" überhaupt nicht.
>Wahrheitsprädikat.
Wahrheit fällt fast nie mit Beweisbarkeit zusammen.
>Beweisbarkeit.
Alle beweisbaren Aussagen sind wahr, aber es gibt wahre Aussagen, die nicht beweisbar sind. -
Solche Disziplinen sind konsistent aber unvollständig (Gödel).
>Unvollständigkeit.
Es gibt sogar ein Paar kontradiktorischer Aussagen, von denen keine beweisbar ist.(4)

4. A.Tarski, „Die semantische Konzeption der Wahrheit und die Grundlagen der Semantik“ (1944) in. G: Skirbekk (Hg.) Wahrheitstheorien, Frankfurt 1996

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Tarski I
A. Tarski
Logic, Semantics, Metamathematics: Papers from 1923-38 Indianapolis 1983

D II
K. Glüer
D. Davidson Zur Einführung Hamburg 1993

Berka I
Karel Berka
Lothar Kreiser
Logik Texte Berlin 1983

Horwich I
P. Horwich (Ed.)
Theories of Truth Aldershot 1994

Skirbekk I
G. Skirbekk (Hg)
Wahrheitstheorien
In
Wahrheitstheorien, Gunnar Skirbekk Frankfurt 1977

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