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Mimesis: Mimesis (μίμησις) ist die Nachahmung oder Darstellung der Wirklichkeit in Kunst, Literatur und anderen Medien. lato glaubte, dass Kunst eine Kopie einer Kopie ist und dass die wahre Wirklichkeit die Welt der Formen ist. Aristoteles hingegen vertrat die Ansicht, dass die Kunst eine Möglichkeit ist, die Welt nachzuahmen und ihr Inneres zu enthüllen. Siehe auch Kunst, Kunstwerke, Literatur, Nachahmung, Natur.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Hans-Georg Gadamer über Mimesis – Lexikon der Argumente

I 118
Mimesis/Nachahmung/Kunst/Gadamer: Der Begriff der Nachahmung vermag (...) das Spiel der Kunst nur zu beschreiben, wenn man den Erkenntnissinn, der in Nachahmung liegt, im Auge behält. Das Dargestellte ist da - das ist das mimische Urverhältnis. ((s) Das Objekt bzw. Urbild der Darstellung verschwindet nicht im Dargestellten).
Gadamer: Wer etwas nachahmt, lässt das da sein, was er kennt und wie er es kennt.
I 119
Nachahmend beginnt das kleine Kind zu spielen, indem es bestätigt, was es kennt und sich selbst damit bestätigt. Auch die Verkleidungsfreude der Kinder, auf die sich schon Aristoteles beruft, will nicht ein Sichverbergen, ein Vorgeben sein, um dahinter erraten und erkannt zu werden, sondern im Gegenteil ein Darstellen derart, dass nur das Dargestellte ist. Das Kind will um keinen Preis hinter seiner Verkleidung erraten werden. Was es darstellt, soll sein, und wenn etwas erraten werden soll, so ist es eben dies. Es soll wiedererkannt werden, was das „ist“.(1)
>Wiedererkennen/Gadamer
.
I 120
Das mimische Urverhältnis, das wir erörtern, enthält also nicht nur, dass das Dargestellte da ist, sondern auch, dass es eigentlicher ins Da gekommen ist. Nachahmung und Darstellung sind nicht abbildende Wiederholung allein, sondern Erkenntnis des Wesens. Weil sie nicht bloß Wiederholung, sondern „Hervorholung“ sind, ist in ihnen zugleich der Zuschauer mitgemeint. Sie enthalten in sich den Wesensbezug auf jeden, für den die Darstellung ist. Ja, man kann noch mehr sagen: die Darstellung des Wesens ist so wenig bloße Nachahmung, dass sie notwendig zeigend ist. Wer nachahmt, muss weglassen und hervorheben. Weil er zeigt, muss er, ob er will oder nicht, übertreiben (aphhairein und synhoran gehört auch in der platonischen Ideenlehre zusammen). Insofern besteht ein unaufhebbarer Seinsabstand zwischen dem Seienden, das „so ist wie“ und demjenigen, dem es gleichen will.
I 122
Darstellung/Schauspiel: Was der Spieler spielt und der Zuschauer erkennt, sind die Gestalten und die Handlung selbst, wie sie vom Dichter gestaltet sind. Wir haben hier eine doppelte Mimesis: der Dichter stellt dar und der Spieler stellt dar. Aber gerade diese doppelte Mimesis ist eine. Was in der einen und in der anderen zum Dasein kommt, ist das gleiche. Genauer kann man sagen: die mimische Darstellung der Aufführung bringt das zum Da-Sein, was die Dichtung eigentlich verlangt. Der doppelten Unterscheidung von Dichtung und ihrem Stoff und von Dichtung und Aufführung entspricht eine doppelte Nichtunterscheidung als die Einheit der Wahrheit, die man im Spiel der Kunst erkennt.
>Wahrheit der Kunst/Gadamer, >Spiel/Gadamer, >Darstellung.


1. Aristoteles. Poet. 4, insbes. 1448 b 16.

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Gadamer I
Hans-Georg Gadamer
Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik 7. durchgesehene Auflage Tübingen 1960/2010

Gadamer II
H. G. Gadamer
Die Aktualität des Schönen: Kunst als Spiel, Symbol und Fest Stuttgart 1977

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