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Nudging: Nudging ist ein Begriff der Verhaltensökonomie, der subtile Veränderungen in der Präsentation von Wahlmöglichkeiten beschreibt, um die Entscheidungsfindung zu beeinflussen, ohne die Optionen einzuschränken. Es zielt darauf ab, Individuen zu vorteilhaften Entscheidungen zu führen, indem psychologische Faktoren genutzt werden, oft durch kleine Interventionen, die erwünschte Verhaltensweisen fördern. Siehe auch Entscheidungsprozesse, Entscheidungen, Entscheidungstheorie, Interventionen, Verhalten, Verhaltensökonomik.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Richard Thaler über Nudging – Lexikon der Argumente

Morozov I 198
Nudging/Verhalten/Regulation/Thaler/Morozov: Was Cass Sunstein und Richard Thaler als "Nudges" bezeichnen, sind clevere Manipulationen von Standardeinstellungen - was die Autoren als "Choice Architecture" bezeichnen - um Sie dazu zu bringen, gesunde Lebensmittel zu essen oder Geld für den Ruhestand zu sparen. (1)
Nudging ist für die Manipulation das, was Öffentlichkeitsarbeit für die Werbung ist: Sie bringt die Dinge zum Laufen, während sie den ganzen Hintergrund, der implizit und unsichtbar wirkt, zum Verschwinden bringt. Die effektivsten Nudges geben den Handelnden den Anschein von Selbständigkeit, ohne ihnen eine große Auswahl zu bieten.
Roger BrownswordVsSunstein/BrownswordVsThaler/Morozov: diese Art von Regulierung appelliert an unser Eigeninteresse, aber in einer demokratischen Gesellschaft sollten solche Einstellungen öffentlich diskutiert werden. Bsp Es ist nicht unproblematisch anzunehmen, der „richtige Grund, ein energieeffizientes Auto zu fahren sei der, Geld sparen zu wollen. Es könnte auch sein, dass man das Klima schonen will. (2)
Morozov I 199
MorozovVsSunstein/MorozovVsThaler/Morozov: Etwas durch ein bloßes technokratisches Gebot in einen Anschubser (Nudge) zu verwandeln, setzt einen gesellschaftlichen Konsens voraus - über beides, Ziele und Mittel - wo dieser Konsens vielleicht noch nicht existiert. Während sich die Nudges vermehren, könnten abweichende Ansichten darüber, was getan werden muss (und wie), tatsächlich verfliegen, aber dies sollte nicht als Hinweis darauf verstanden werden, dass der fragliche Nudge funktioniert hat. Seine mutmaßliche Wirksamkeit dürfte eher das Ergebnis eines erzwungenen Konsenses als das Ergebnis echter Beratungen sein.
Morozov: Außerdem zählt als Nudge nur das, was tatsächlich das Ergebnis hat, das der Regulator wünschte.
Brownsword: damit werden Gesetze und Normen, wenn sie in (Nudging-) Technologie eingewoben sind, schwerer in Frage zu stellen und zu ändern. (2)

- - -
Mause I 178f
Nudging/Thaler: Ein Nudge muss zugleich leicht und ohne großen Aufwand zu umgehen sein. Er ist nur ein Anstoß, keine Anordnung. Bsp Das Obst in der Kantine auf Augenhöhe zu drapieren zählt als Nudge. Junkfood aus dem Angebot zu nehmen hingegen nicht.(3)
Bsp Rauchen wegen seiner Gesundheitsschädlichkeit zu verbieten oder zu besteuern, wäre demnach ganz traditioneller Zwang; das Anbringen von Warnhinweisen („ Rauchen tötet“) hingegen oder den Tabak in die hinterste Ecke des Ladenlokals zu verbannen, wäre ein Nudge.
Kosten/SchnellenbachVsNudging: Die Gegenfinanzierung der Kosten des Nudging würde wohl kaum anders möglich sein als durch das traditionelle Zwangsinstrument der Besteuerung völlig unbeteiligter Dritter.

1. Richard H. Thaler and Cass R. Sunstein, Nudge: Improving Decisions about Health, Wealth, and Happiness, updated ed. (New York: Penguin Books, 2009).
2. Roger Brownsword, “Whither the Law and the Law Books? From Prescription to Possibility,” Journal of Law and Society 39, no. 2 (2012): 296– 308; Brownsword, “Lost in Translation: Legality, Regulatory Margins, and Technological Management,” Berkeley Technology Law Journal 26 (2011): 1321– 1366; and Brownsword, Rights, Regulation and the Technological Revolution (New York: Oxford University Press, 2008).
3. Thaler, Richard H., und Cass R. Sunstein, Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt. Berlin 2009, S. 15.


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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

EconThaler I
Richard Thaler
Misbehaving: The Making of Behavioral Economics New York 2016

Morozov I
Evgeny Morozov
To Save Everything, Click Here: The Folly of Technological Solutionism New York 2014

Mause I
Karsten Mause
Christian Müller
Klaus Schubert,
Politik und Wirtschaft: Ein integratives Kompendium Wiesbaden 2018

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