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Naturzustand: In der Philosophie ist der Naturzustand ein hypothetischer Zustand, in dem die Menschen ohne Regierung oder soziale Ordnung leben. Er wird häufig als Ausgangspunkt für Überlegungen über die Ursprünge der Gesellschaft und die Rolle der Regierung verwendet. Siehe auch Staat, Regierung, Gesellschaft, Gemeinschaft.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

J.-J. Rousseau über Naturzustand – Lexikon der Argumente

Höffe I 271
Naturzustand/Rousseau/Höffe: Beim Begründer Hobbes ist der Naturzustand ein Gedankenexperiment, das ein Zusammenleben schon vernünftiger Menschen entwirft, denen allerdings Recht und Staat fehlen.
RousseauVsHobbes: In Rousseaus entwicklungsgeschichtlicher Betrachtung(1) wird er zu einem uranfänglichen, «tierischen Zustand».
Mensch/Sprache/Rousseau: Der Mensch, der in diesem Zustand lebt, der animalische Mensch, hat weder Sprache noch Vernunft oder ein Bewusstsein des Todes. Er kennt weder Ehrgeiz noch Verachtung oder ein Bedürfnis nach Rache; überdies lebt er ohne jede dauerhafte Beziehung. In diesem «wahren Naturzustand», einem Urzustand, der historisch gesehen noch weiter zurückliegt als Lockes Naturzustand, hat der Mensch mit den anderen Lebewesen zweierlei gemeinsam.
Selbstliebe: Er ist von einer durchaus positiven Selbstliebe (amour de soi) bestimmt, die sich im Unterschied zur asozialen Eigenliebe (amour-propre) des zivilisierten Menschen auf eine emotionale Autarkie beläuft. Außerdem besitzt er ein Gefühl des Daseins
Höffe I 272
(sentiment de l'existence).
Freiheit: Vor allem zeichnet ihn eine natürliche Freiheit aus, eine Unabhängigkeit von den
Mitmenschen, die auch eine Gleichgültigkeit gegen sie beinhaltet.
Der Naturzustand qua Urzustand kennt keine Vorrechte, die einige Menschen zum Nachteil der anderen genießen; es gibt weder Privilegien noch Diskriminierungen. Die zwei Grundübel, die diesen idealen Zustand vernichten, bestehen im Privateigentum und in (dem es schützenden) Staat, «der bürgerlichen Gesellschaft». Im Französischen steht «société civile», nicht «société bourgoise». Rousseaus bürgerliche Gesellschaft ist hier wie bei anderen Autoren der Neuzeit keine wirtschaftsbürgerliche im Gegensatz zu einer staatsbürgerlichen Gesellschaft, sondern das zwangsbefugte Gemeinwesen, der Staat, selbst. >Gesellschaftsvertrag/Rousseau
.
Höffe I 274
RousseauVsHobbes/RousseauVsSpinoza: Im Gegensatz zu Hobbes und Spinoza, jedoch in Übereinstimmung mit Locke ist der Naturzustand für Rousseau kein Kriegszustand. Der Naturzustand verliert seine zentrale Bedeutung.
>Naturzustand/Hobbes, >Naturzustand/Locke, >Verfassung/Spinoza, >Vertragstheorie/Spinoza, >Demokratie/Spinoza, >Freiheit/Spinoza, >Naturrecht/Spinoza, >Politik/Spinoza, >Staat/Spinoza.

1. J.-J. Rousseau, Discours sur l'inégalité parmi les hommes, 1755

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Rousseau I
J. J. Rousseau
The Confessions 1953

Höffe I
Otfried Höffe
Geschichte des politischen Denkens München 2016

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