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Rechtspositivismus: Der Rechtspositivismus geht davon aus, dass das Recht eine Reihe von sozialen Regeln ist, die von Menschen geschaffen und durchgesetzt werden, und dass seine Gültigkeit nicht von seiner Moral oder Gerechtigkeit abhängt. Siehe auch Gesetz, Gesetze, Rechte, Rechtsprechung, Staat, Gesellschaft.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Thomas Hobbes über Rechtspositivismus – Lexikon der Argumente

Höffe I 221
Rechtspositivismus/Hobbes/Höffe: [Hobbes gilt als] Ahnherr des modernen Rechts- und zugleich Staatspositivismus, also ein Gegner jenes Rechtsdenkens, das unter Titeln wie «göttliches Gesetz», «Naturrecht» und «Vernunftrecht» die Willkür von Gesetzgebern und Herrschern in deutliche Schranken weist.
Vgl. >Naturrecht
.
Als Beleg gilt die Imperativen- bzw. Befehlstheorie des Rechts.
Höffe: [Hobbes geht es um etwas anderes]:
HobbesVs „kollektive Vernunft“. Gegen dieses Vertrauen legt Hobbes scharfen Widerspruch ein, ausführlich in seinem postumen Dialog über das englische Recht.
Englisches Recht: Dieses besteht in einem Einzelfallrecht (Präjudizienrecht), das deshalb Gemeines Recht im Sinne von Gemeinsames Recht (Common Law) heißt, weil es sich, nach der Normannen-
invasion (1066) von den Urteilssprüchen königlicher Richter begründet, gegen regionale Besonderheiten durchsetzt.
Höffe I 222
Imperativentheorie/Befehlstheorie/HobbesVsTradition: Dem stellt Hobbes im umfangreichsten Kapitel der ersten beiden Teile des Leviathan, im Kapitel 26, die Imperativentheorie entgegen. Deren prägnante, vom römischen Dichter Juvenal (Satiren 6., 223) bekannte Grundthese gehört zum Grundwissen des humanistisch Gebildeten. Sie lautet: Aber eine Autorität, nicht eine Wahrheit macht ein Gesetz («sed auctoritas, non veritas, facit legem»: Kap. 26).
Vorläufer: Der darin anklingende Befehlscharakter wird in der Rechtstheorie seit langem vertreten. Gesetze/Seneca: Seneca zum Beispiel schreibt in seinen Moralischen Briefen an Lucilius, ein Gesetz befehle, es streite bzw. erörtere nicht («llexl iubeat, non disputet», Brief Nr. 94).
VsHobbes: Auf den ersten Blick ist der Befehlscharakter plausibel, vor allem Hobbes' Kritik an der Annahme, das Gesetz sei ein Ratschlag («counsel»). Bei näherer Betrachtung tauchen zwar Bedenken auf. Beispielsweise bestehen Befehle in konkreten Aufforderungen, während ein Gesetz eine Vielzahl konkreter Fälle regelt. Man kann allerdings das Befehlsmoment beiseite setzen und sich auf Hobbes' Formel «nicht die Wahrheit, sondern die Autorität» konzentrieren. Sie enthält keine positivistische Rechtstheorie, sondern hebt in genialer Prägnanz drei Minimalbedingungen hervor:
1) Erstens sind Rechtsbestimmungen keine theoretischen Gegenstände, die darauf warten, entdeckt zu werden; sie werden vielmehr vom Menschen hervorgebracht («facit»).
2) Zweitens ist mit der Wahrheit, die Hobbes als Geltungsgrund abwehrt, eine Einsicht gemeint, die in der Tat als solche noch kein Geltungsgrund ist. Hobbes verwirft hier einen Rechtsmoralismus, der die bloße Einsicht in die Ungerechtigkeit für ein zureichendes Argument hält, das entsprechende Gesetz für ungültig zu erklären.
3) Der dritten Bedingung, Hobbes' eigener These «Geltung kraft Autorität», liegt ein mehrdimensionaler Begriff zugrunde. «Autorität» meint einen «Autor», also Urheber und Willen, der die Macht besitzt, seinen Willen durchzusetzen. Im Gegensatz zum organisierten Verbrechen ist die Macht keine violentia, pure Gewalt, sondern potestas, eine autorisierte Gewalt. Dank der Autorisierung kommt einer Rechtsordnung Legalität zu: Die einmal in Kraft getretene Entscheidung bleibt so lange Bestandteil des geltenden Rechts, wie noch keine neue Entscheidung getroffen ist. >Geltung/Hobbes.

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Hobbes I
Thomas Hobbes
Leviathan: With selected variants from the Latin edition of 1668 Cambridge 1994

Höffe I
Otfried Höffe
Geschichte des politischen Denkens München 2016

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