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Charakterzüge: Charakterzüge sind in der Psychologie die relativ stabilen und dauerhaften Eigenschaften, die Personen voneinander unterscheiden. Sie sind die Bausteine der Persönlichkeit und können verwendet werden, um das Verhalten einer Person zu beschreiben und vorherzusagen. Einige Beispiele für Charakterzüge sind Extraversion, Introversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit und Neurotizismus. Siehe auch Extraversion, Introversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit, Neurotizismus.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Raymond Christal über Charakterzüge – Lexikon der Argumente

Corr II 87
Charakterzüge/Tupes/Christal/Johnson: Nachdem Allport und Odbert (...) in Websters ungekürztem New International Dictionary 17.953 Wörter für menschliche Charakterzüge gefunden hatten, [entstand die Forderung, diese Liste zu kürzen]. Cattell reduzierte seinen Satz von 35 Charakterzug-Variablen noch einmal mit einem statistischen Verfahren namens Faktorenanalyse. Seine Faktoranalysen zeigten 11 Charakterzugfaktoren in einer Studie und 12 Charakterzugfaktoren in einer zweiten Studie (Cattell, 1945, 1947)(1,2).
>R. Cattell
, >Lexikalische Hypothese.
Alles hätte damit in Ordnung sein können, außer dass ein anderer Satz von Faktoranalysen, der von Donald Fiske (1949...)(3) veröffentlicht wurde, wiederholt fünf statt der von Cattell entdeckten 11 oder 12 Faktoren zeigte. Die Studie von Tupes und Christal (1961/1992)(4) sollte den Unterschied zwischen den Ergebnissen von Cattell und Fiske erklären.
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Faktor-Rotation/Tupes/Christal: (...) Tupes und Christal glaubten, dass der wahrscheinlichste Grund für die unterschiedlichen Ergebnisse darin bestand, dass Cattell in seinen statistischen Analysen die so genannte schräge Rotation (engl. oblique rotation) der Faktoren verwendete, während Fiske die so genannte orthogonale Rotation der Faktoren verwendete. Der Unterschied zwischen den beiden Rotationsstrategien besteht darin, dass schräge Faktoren einander überlappen dürfen, während orthogonale Faktoren voneinander unabhängig sind (...). Tupes und Christal (1961/1992)(4) wollten nun testen, ob die Verwendung der gleichen (orthogonalen) Rotationsmethode die gleichen Faktoren in verschiedenen Sätzen von Charakterzugbewertungsdaten erzeugen würde (...).
Methode/Tupes/Christal: [Tupes und Christal] re-
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analysierten einfach acht bestehende Datensätze. Die Methode von Tupes und Christal wurde durch die Beobachtung motiviert, dass Unterschiede in der Anzahl der Charakterzugfaktoren, die in früheren Studien gefunden wurden, entweder auf die Unterschiede in den Teilnehmer- und Bewertungsskalen oder auf Unterschiede in der verwendeten Methode der Faktorenanalyse (...) zurückzuführen sein könnten. Durch die erneute Analyse von Daten aus diesen verschiedenen Stichproben mit der gleichen Form der Faktorenanalyse kamen sie zu dem Schluss, dass, wenn ähnliche Faktoren in den Stichproben gefunden werden, diese Faktoren "universell genug sein könnten, um in einer Vielzahl von Stichproben aufzutreten, und [...] nicht übermäßig empfindlich auf die Bewertungsbedingungen oder -situationen reagieren" (Tupes & Christal, 1992, S. 227)(4).
Ergebnisse/Charakterzugfaktoren/Tupes/Christal: Tupes und Christal (1992) fassen ihre Ergebnisse in folgendem Satz zusammen: "In jeder Stichprobe außer einer schienen fünf relativ starke und wiederkehrende Charakterzugfaktoren zu dominieren und nichts Weiteres von Bedeutung" (S. 245)(4). (...) Unabhängig von der Gesamtzahl der Faktoren, die in jeder Stichprobe gefunden wurden, war in jeder Stichprobe jeder der ersten fünf Faktoren
II 90
klar definiert durch denselben einzigartigen Satz von Charakterzug-Wörtern. Tupes und Christal bezeichneten das gemeinsame Thema unter den Charakterzugwörtern, die jeden der fünf Faktoren definierten, mit einem Begriff aus früheren faktorenanalytischen Studien. Der erste Faktor von Tupes und Christal wurde in allen acht Stichproben durch die folgenden Charakterzüge definiert:
I
still vs. gesprächig;
verschwiegen vs. offen;
vorsichtig vs. abenteuerlustig;
unterwürfig vs. durchsetzungsfähig; und
träge, langsam vs. energisch.
Zusammen beschreiben diese Charakterzüge nach Tupes und Christal einen wiederkehrenden Faktor, den andere als Extraversion bezeichnen (...). Die Charakterzüge, die den zweiten Faktor in allen acht Stichproben definierten, waren:
II.
gehässig vs. gutmütig;
obstruktiv vs. kooperativ;
misstrauisch vs. vertrauensvoll;
unflexibel vs. anpassungsfähig; und
kühl, distanziert vs. aufmerksam gegenüber Menschen.
Bei sechs der acht Proben halfen:
eifersüchtig vs. nicht eifersüchtig;
anspruchsvoll vs. emotional reif;
eigenwillig vs. sanft; und
hart, streng vs. freundlich
den zweiten Faktor zu definieren.
Charakterzüge, die den dritten Faktor in allen acht Stichproben definierten, waren:
III.
leichtfertig vs. verantwortlich und
skrupellos vs. gewissenhaft. Darüber hinaus definierten:
entspannt, faul vs. aufdringlich ordentlich;
aufhörend vs. ausdauernd und
unkonventionell vs. konventionell
bei sechs der acht Proben den dritten Faktor.
Charakterzüge, die den vierten Faktor in allen acht Stichproben definieren, waren:
IV.
besorgt, ängstlich, vs. gelassen;
leicht verärgert vs. ausgeglichen, zäh und
veränderlich vs. emotional stabil.
[Faktoren, die ebenfalls zur Definition dieses Faktors beitrugen, waren:]
neurotisch vs. nicht neurotisch;
hypochondrisch vs. nicht hypochondrisch und
emotional vs. ruhig.
Der fünfte Faktor war weniger klar definiert als die ersten vier. Insgesamt war der fünfte Faktor in allen acht Stichproben nur durch die folgenden drei Charakterzüge definiert:
V.
flegelhaft vs. intellektuell, kultiviert;
ungeschickt, unbeholfen vs. elegant und
unreif vs. selbstständig denkend.
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Die fünf wiederkehrenden Faktoren wurden als folgende bezeichnet: (a) Begeisterungsfähigkeit [andere: "Extraversion"], (b) Verträglichkeit, (c) Verlässlichkeit, (d) emotionale Stabilität und (e) Kultur.
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Gegenargumente gegen Tupes und Christal:
VsTupes/VsChristal: Eine der ersten Fragen, die man sich zu jeder Studie stellen sollte, lautet: "Wie repräsentativ ist die Stichprobe der Probanden?"(...) Tupes und Christal verwendeten acht Gruppen, und nur zwei davon waren Bachelor-Studenten. Zwei der Stichproben waren jedoch Master-Psychologiestudenten (eine ziemlich exklusive Gruppe) und die anderen vier waren Studenten oder Absolventen der Offiziersanwärterschule der US-Luftwaffe (wiederum eine ziemlich spezialisierte Gruppe). Am ungünstigsten war jedoch, dass nur eine der acht Stichproben durch Frauen repräsentiert wurde und in dieser Stichprobe teilten sich die Bewertungen, die den Kulturfaktor in den sieben männlichen Stichproben definierten, in zwei Faktoren auf. Tupes und Christal (1961/1992)(4) geben die Nationalität und ethnische Zugehörigkeit der Probanden in den acht Stichproben nicht an. Ebenso wenig wie die Originalberichte, aus denen sie ihre Daten entnahmen, wir können jedoch ziemlich sicher sein, dass fast alle von ihnen englischsprachige, kaukasische Amerikaner waren.
VsVs: Nachfolgende Forschungen berichteten von konsistenten Geschlechtsunterschieden bei einigen der Big Five-Charakterzüge, wobei Frauen ein höheres Maß an Verträglichkeit und Neurotizismus ausdrücken als Männer (z.B. Costa, Terracciano, & McCrae, 2001)(5). Andererseits haben keine Studien Hinweise darauf erbracht, dass es bei Männern und Frauen unterschiedliche grundlegende Charakterzugfaktoren gibt.
>Charakterzüge, >Persönlichkeit, >Verträglichkeit, >Offenheit,
>Extraversion,
>Neurotizismus
>Gewissenhaftigkeit.

1. Cattell, R. B. (1945). The description of personality: Principles and findings in a factor analysis. American Journal of Psychology, 58, 69–90.
2. Cattell, R. B. (1947). Confirmation and clarification of primary personality factors. Psychometrika, 12, 197–220.
3. Fiske, D. W. (1949). Consistency of the factorial structures of personality ratings from different sources. Journal of Abnormal and Social Psychology, 44, 329–344.
4. Tupes, E. C., & Christal, R. E. (1961/1992). Recurrent personality factors based on trait ratings (USAF ASD Technical Report No. 61–97). Aeronautical Systems Division, Personnel Laboratory: Lackland Air Force Base, TX. (Reprinted as Tupes, E. C., & Christal, R. E. (1992). Recurrent personality factors based on trait ratings. Journal of Personality, 60, 225–251.)
5. Costa, P. T., Terracciano, A., & McCrae, R. R. (2001). Gender differences in personality traits across cultures: Robust and surprising findings. Journal of Personality and Social Psychology, 81, 322–331.


Johnson, John A.: “Five Strong and Recurrent Personality Factors - Revisiting Tupes and Christal (1961)”, In: Philip J. Corr (Ed.) 2018. Personality and Individual Differences. Revisiting the classical studies. Singapore, Washington DC, Melbourne: Sage, pp. 87-100.

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.
Christal, Raymond

Corr I
Philip J. Corr
Gerald Matthews
The Cambridge Handbook of Personality Psychology New York 2009

Corr II
Philip J. Corr (Ed.)
Personality and Individual Differences - Revisiting the classical studies Singapore, Washington DC, Melbourne 2018

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