Philosophie Lexikon der Argumente

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Wiedererkennen, Philosophie: Die Fähigkeit eines bewussten Subjekts, ein Muster zu identifizieren, das schon einmal von diesem Subjekt rezipiert wurde. Diese Fähigkeit ist kein Wissen-wie und kein Quale, da es keine bestimmte Weise des Erlebens gibt, die alle Fälle des Wiedererkennens gemein haben. Allerdings kann die Fähigkeit zum Wiedererkennen bestimmter Merkmale gelernt werden, diese ist aber eigentlich ein Erkennen und kein Wiedererkennen. Siehe auch Gedächtnis, Erinnerung, Qualia, Wissen wie, Wissen, Computation, Identifikation, Individuation, Ähnlichkeit, Gleichheit.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Hans-Georg Gadamer über Wiedererkennen – Lexikon der Argumente

I 119
Wiedererkennen/Nachahmung/Darstellung/Kunst/Gadamer: Der Erkenntnissinn von Mimesis ist
Wiedererkennung.
>Mimesis
.
Aristoteles: Die künstlerische Darstellung [lässt] sogar das Unerfreuliche erfreulich erscheinen(1).
Kant: Kant definiert die Kunst deshalb als die schöne Vorstellung eines Dinges, weil sie auch das Hässliche als schön erscheinen zu lassen wisse(2).
>Ästhetik/Kant.
Gadamer: Damit ist offenbar nicht etwa die Künstlichkeit und Kunstfertigkeit als solche gemeint. Man bewundert nicht wie beim Artisten die Kunst, mit der etwas gemacht ist. Dem gilt erst ein sekundäres Interesse, wie Aristoteles ausdrücklich sagt(3). Was man eigentlich an einem Kunstwerk erfährt und worauf man gerichtet ist, ist vielmehr, wie wahr es ist, d. h. wie sehr man etwas und sich selbst darin erkennt und wiedererkennt.
>Kunstwerke/Gadamer.
Gadamer: Die Freude des Wiedererkennens ist (...) die, dass mehr erkannt wird als nur das Bekannte. In der Wiedererkenntnis tritt das, was wir kennen, gleichsam wie durch eine Erleuchtung aus aller Zufälligkeit und Variabilität der Umstände, die es bedingen, heraus und wird in seinem Wesen erfasst. Es wird als etwas erkannt. Wir stehen hier vor dem zentralen Motiv des Platonismus.
Platon: Platon hat in seiner Lehre von der „Anamnesis“ die mythische Vorstellung von der Wiedererinnerung mit dem Weg seiner Dialektik zusammengedacht, die in den Logoi, d. h. in der Idealität der Sprache die Wahrheit des Seins sucht(4).
Gadamer: In der Tat ist ein solcher Idealismus des Wesens im Phänomen der Wiedererkenntnis angelegt. Das kommt erst in sein wahres Sein und zeigt sich als das, was es ist, durch seine Wiedererkennung. Als Wiedererkanntes ist es das in seinem Wesen Festgehaltene, aus der Zufälligkeit seiner Aspekte
I 120
Gelöste.
Vgl. >Allgemeinheit, >Verallgemeinerung, >Idee, >Wesen.

1. Aristoteles, Poet. 4, 1448 b 10.
2. Kant, Kr. d. U., S 48.
3. Aristoteles, a.a.O. b 10f.
4. Platon, Phaidon. 73ff

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Gadamer I
Hans-Georg Gadamer
Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik 7. durchgesehene Auflage Tübingen 1960/2010

Gadamer II
H. G. Gadamer
Die Aktualität des Schönen: Kunst als Spiel, Symbol und Fest Stuttgart 1977

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