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Kräfte: A. In der Physik ist eine Kraft eine Einwirkung, die die Geschwindigkeit eines Objekts verändern kann, d. h. es beschleunigt. Kräfte sind Vektorgrößen, das heißt, sie haben sowohl eine Größe als auch eine Richtung. - B. In der Philosophie wird oft über die Behauptende Kraft diskutiert. Gottlob Frege vertrat die Ansicht, dass die Behauptende Kraft ein wesentlicher Bestandteil der Bedeutung eines Satzes ist, dass sie aber von den Wahrheitsbedingungen des Satzes verschieden ist. Die Wahrheitsbedingungen eines Satzes bestimmen, ob er wahr oder falsch ist, während die Behauptungskraft bestimmt, was der Sprecher mit der Äußerung des Satzes tut. Siehe auch Wahrheitsbedingungen, Bedeutung, Behauptungen, Sprechakte.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

John Bigelow über Kräfte – Lexikon der Argumente

I 282
Kräfte/Bigelow/Pargetter: (Lit: Bigelow, Ellis Pargetter 1988)(1) These: Kräfte sind Relationen und eine Unterart von Kausalrelationen.

Hier: Stärkere These: Alle Ursachen supervenieren auf Kräften. Kräfte sind Relationen höherer Stufe zwischen Strukturen, die Einzelereignisse involvieren und ihre Eigenschaften.
>Supervenienz
, >Stärker/schwächer, >Stärke von Theorien, >Stufen/Ebenen, >Ereignisse.
Kräfte/Tradition. Vermittler zwischen Ursachen und Wirkungen.
>Kräfte, >Ursache, >Wirkung.
Vermittlung/mittlere Position/Zwischenposition/
BigelowVsTradition/HumeVsTradition: Problem: Regress: Wenn F als Vermittler zwischen C und E gebraucht wird, warum wird dann nicht ein weiterer Vermittler zwischen F und E? Voraussetzung für dieses Argument ist allerdings: die Annahme, dass C, E und F Entitäten derselben Art sind.
Falsche Lösung: anzunehmen, dass Kräfte „unmittelbare Ursachen“ seien. Denn diese würde wieder unmittelbare Ursachen brauchen.
>Regress.
Falsche Lösung: Kräfte als dispositionale Eigenschaften zu konstruieren: entweder Dispositionen eines Gegenstands für Veränderungen oder eines Felds für irgendwelche Effekte.
>Dispositionen.
Disposition/Bigelow/Pargetter: Die Disposition ist nicht selbst Teil einer Kausalkette. Also können wir mit ihr auch keine Lücke in der Kette schließen. Daher droht hier auch kein Regress.
Dennoch haben Dispositionen einfach nicht die richtige ontologische Kategorie für Kräfte. Wir können eine vollständige Kausalerklärung geben, ohne Dispositionen zu erwähnen. Denn die Verursachung wird durch die physikalische Basis der Dispositionen gegeben.
>Ontologie.
I 283
Disposition/Bigelow/Pargetter: Disposition superveniert, aber nimmt nicht am Kausalprozess teil. Sie können aber da sein, wenn sie nicht aktiv sind, während Kräfte das nicht können.
Kräfte: nehmen dagegen Teil am Kausalprozess. Wenn sie nicht aktiv sind, existieren sie nicht – anders als Dispositionen.
>Instanziierung.
Kräfte/Ellis/Bigelow/Pargetter (1988)(1): These: Kräfte konstituieren Kausalrelationen. Sie sind nicht selbst Ursachen, aber eine Relation zwischen Ursache und Wirkung. Als Gemeinsames zwischen ganz verschiedenen Phänomenen.
Sie sollten auch das Gemeinsame von Gesetzen zeigen, wie unterschiedlich diese auch formuliert sein sollten.
Gesetz/Kräfte/Ellis/Bigelow/Pargetter: Umgekehrt können ähnlich aufgebaute Gesetze ganz verschiedene Kräfte involvieren, Bsp Proportion des umgekehrten Quadrats.

Neu/Bigelow/Pargetter: Neuerdings identifizieren wir eine Instanz einer Kausalrelation nicht mehr mit einer einzelnen Kraft (s.u.). Neu: verschiedene fundamentale Kräfte setzen sich zusammen, um grundlegende Ursachen zu bilden.
Die anderen Argumente behalten wir bei:
Kräfte und grundlegende Ursachen müssen Relationen höherer Stufe zwischen Ereignissen sein, denn als Relation 1.Stufe würden sie eine Humesche Welt unmöglich machen.
>Humesche Welt.
Eigenschaftskomplex/Bigelow/Pargetter: Eigenschaftskomplexe sind das, was von Kräften in Relation gesetzt wird. Jeder hat als Konstituenten eine Anzahl von Eigenschaften und Relationen 1. Stufe. Alle werden auch in einer Humeschen Welt da sein. Nur in der aktualen Welt gibt es die zusammenhaltenden Kräfte, und diese sind externe Relationen.
>Wirkliche Welt.
I 284
Aktuale Welt/Bigelow/Pargetter: Selbst in unserer Welt kann es andere Instanzen dieser Eigenschaftskomplexe geben, die nicht in diesen Kausalrelationen zueinander stehen. Und zwar wegen der lokalen Natur der Kausalrelationen.

I 284
Lager: Kräfte: realistische Sicht: Bigelow/Pargetter, Ellis 1988(1): entweder die Komponenten, oder die resultierende Kräfte sind real – (nicht beide, sonst doppelte Verursachung).
Vs: Cartwright 1980(3), 1983(4)).
>N. Cartwright.

Kräfte/Ellis/Bigelow/Pargetter: entweder, die Komponenten von Kräften sind real - oder die resultierende Kräfte sind real.
Bsp Es kann eine resultierende Kraft von 0 geben, weil sich Kräfte neutralisieren, die von 0 abweichen.
Problem: Die Komponenten und die resultierende Kräfte können nicht alle real sein, sonst hätten wir Überdetermination oder doppelte Verursachung.
>Überdetermination.
Realistische Sicht: muss sich von Fall zu Fall entscheiden, ob sie die Komponenten oder die resultierenden Kräfte als real ansieht.
Bsp Wir müssen manchmal verschiedene relative Stärken von Komponenten annehmen, um eine resultierende Kraft zu erklären.
Realität/Bigelow/Pargetter: Die Realität der Komponenten wird uns manchmal von unseren Überlegungen aufgezwungen. Bsp drei Protonen, abgeschirmt von Interferenz von außen, ein in der Mitte einer Linie zwischen den beiden anderen. Die vorausgesagte Bewegung der äußeren nach außen wird Kräfte involvieren, die sowohl zwischen den beiden äußeren als auch zwischen diesen und dem in der Mitte bestehen. Dennoch verlangt das Prinzip von Kraft und Gegenkraft (hier: Aktion und Reaktion) dass das mittlere Proton Gegenkräften ausgesetzt ist, die zusammen dazu führen, dass es in Ruhe bleibt.
I 285
Dagegen: Bsp In einer Situation kann ein Teilchen nur senkrecht zu einer realen Kraft wandern.
Lösung: Dabei nehmen wir zwei fiktive Kräfte an, die senkrecht zueinander stehen. Dies wird uns in der Situation aufgezwungen. Die Wahl ist willkürlich, ebenso die Orthogonalität. Und nicht alle können real sein, denn sonst hätten wir Überdetermination. In dieser Situation ist die resultierende Kraft real, nicht die Komponenten.
Kausalrelation/Lösung/Bigelow/Pargetter: Weil manchmal die resultierende Kraft als real angenommen werden muss, manchmal dagegen die Komponenten (abhängig von der physikalischen Situation) sollte die Kausalrelation als Relation höherer Stufe zwischen Aggregaten von Kräften erklärt werden.
>Kausalrelation.
Kräfte/Quantenmechanik/Bigelow/Pargetter: In der QM gebraucht man keine Kräfte. Bsp man sagt nicht, dass ein Photon eine Kraft auf ein Elektron ausübt.
>Quantenmechanik.
Bigelow/Pargetter: Wir behandeln diese Fälle aber als analog, weil sie uns ähnlich genug erscheinen. (siehe Heathcote 1989)(2).
Feld/Bigelow/Pargetter: Auch bei der Relation zwischen Feld und Partikel erlauben wir uns, von Kräften und Verursachung zu sprechen.
I 286
Aber wird sprechen lieber als Interaktion zwischen zwei Feldern als zwischen Feld und Partikel.
>Felder.
Quantenmechanik/Bigelow/Pargetter: „Interaktionen“ sind hier die legitimen Erben der traditionellen „Kräfte“.
Feld/VsBigelow/Bigelow/Pargetter: Es gibt auch Fälle, wo ein Feld nicht mit einem Partikel interagiert, aber dennoch produziert wird. Das scheint gegen unsere Theorie zu sprechen. Wenn ein Feld aus einem Teilchen entsteht, kann man nicht von Kräften sprechen. Ein elektrisches Teilchen übt keine Kraft auf sein eigenes elektrisches Feld aus. Dennoch verursacht es eben dieses Feld.
BigelowVsVs: Das ist kein Fall von Verursachung. Das Argument setzt eine Trennung von Partikel und Feld voraus, die von niemand angenommen wird. Es besteht eher eine Einheit. Das Feld ist Teil des „Wesens“ des Teilchens. Das wäre aber noch zu prüfen im Licht der weiteren wissenschaftlichen Entwicklung.
>Wesen, >Raumzeit, >Raumkrümmung.

1. Bigelow, J. Ellis, B., and Pargetter, R. (1988). Forces. Philosophy of Science 55. pp. 614-30.
2. Heathcote, A. (1989). A theory of causality: Causality = Interaction (as defined by quantum field theory). Erkenntnis 31 pp.77-108.
3. Cartwright, N. (1980). Do the laws of physics state facts? Pacific Philosophical Quarterly 61, pp.343-77.
4. Cartwright, N. (1983). How the laws of physics lie. Oxford: Clarendon Press.

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Big I
J. Bigelow, R. Pargetter
Science and Necessity Cambridge 1990

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