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Schrift: Schrift ist eine Methode der Kommunikation und des Ausdrucks, bei der Symbole oder Zeichen verwendet werden, um Sprache, Gedanken oder Informationen auf eine Oberfläche zu übertragen. Siehe auch Mitteilung, Texte, Literatur, Geschichtsschreibung, Kulturelle Überlieferung, Kultur, Kommunikation, Information, Lesen, Sprechen.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Hans-Georg Gadamer über Schrift – Lexikon der Argumente

I 393
Schrift/Gadamer: In der Form der Schrift ist alles Überlieferte für jede Gegenwart gleichzeitig. In ihr besteht mithin eine einzigartige Koexistenz von Vergangenheit und Gegenwart, sofern das gegenwärtige Bewusstsein zu allem schriftlich Überlieferten die Möglichkeit eines freien Zugangs hat. Nicht mehr angewiesen auf das Weitersagen, das die Kunde des Vergangenen mit dem Gegenwärtigen vermittelt, sondern in unmittelbarer Zuwendung zu literarischer Überlieferung gewinnt das verstehende Bewusstsein eine echte Möglichkeit, seinen Horizont zu verschieben und zu erweitern und damit seine Welt um eine ganze Tiefendimension zu bereichern.
>Horizont/Gadamer
.
I 394
Schriftliche Überlieferung ist nicht ein Teilstück einer vergangenen Welt, sondern hat sich immer schon über dieselbe erhoben in die Sphäre des Sinnes, den sie aussagt. Es ist die Idealität des Wortes, die alles Sprachliche über die endliche und vergängliche Bestimmung, wie sie Resten gewesenen Daseins sonst zukommt, hinaushebt.
>Kulturelle Überlieferung, >Texte, >Tradition.
Träger: Der Träger der Überlieferung ist ja nicht diese Handschrift als ein Stück von damals, sondern die Kontinuität des Gedächtnisses. Durch sie wird die Überlieferung ein Teil der eigenen
Welt, und so vermag das, was sie mitteilt, unmittelbar zur Sprache zu kommen.
I 395
Lesendes Bewusstsein ist notwendig geschichtliches und mit der geschichtlichen Überlieferung in Freiheit kommunizierendes Bewusstsein. Es hat daher seine Berechtigung, wenn man wie Hegel den Anfang der Geschichte mit der Entstehung eines Willens zur Überlieferung, zur „Dauer des Andenkens“ gleichsetzt.(1) Schriftlichkeit ist eben kein bloßer Zufall oder keine bloße Hinzufügung, die an dem Fortgang mündlicher Überlieferung qualitativ nichts änderte.
I 396
Dass (..) Sprache schriftfähig ist, das ist für das Wesen der Sprache durchaus nicht sekundär. Vielmehr beruht diese Schriftfähigkeit darauf, dass das Sprechen selber an der reinen Idealität des Sinnes Anteil hat, der sich in ihm mitteilt. In der Schriftlichkeit ist dieser Sinn des Gesprochenen rein für sich da, völlig abgelöst von allen emotionalen Momenten des Ausdrucks und der Kundgabe. Ein Text will nicht als Lebensausdruck verstanden werden, sondern in dem, was er sagt. Schriftlichkeit ist die abstrakte Idealität der Sprache. Der Sinn einer schriftlichen Aufzeichnung ist daher grundsätzlich identifizierbar und wiederholbar. Das in der Wiederholung Identische allein ist es, das in der schriftlichen Aufzeichnung wirklich niedergelegt war. Damit ist zugleich klar, dass Wiederholen hier nicht im strengen Sinne gemeint sein kann. Es meint nicht die Zurückbeziehung auf ein ursprünglich Erstes, in dem etwas gesagt oder geschrieben ist, als solches. Lesendes Verstehen ist nicht ein Wiederholen von etwas Vergangenem, sondern Teilhabe an einem gegenwärtigen Sinn.


1. Hegel, Die Vernunft in der Geschichte (Lasson), S. 145.

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Gadamer I
Hans-Georg Gadamer
Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik 7. durchgesehene Auflage Tübingen 1960/2010

Gadamer II
H. G. Gadamer
Die Aktualität des Schönen: Kunst als Spiel, Symbol und Fest Stuttgart 1977

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