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Politik: Politik ist der Prozess der Entscheidungsfindung in Gruppen. Es geht darum, wie Menschen zusammenkommen, um Ressourcen zu verteilen, Streitigkeiten beizulegen und Entscheidungen darüber zu treffen, wie sie zusammenleben wollen. Siehe auch Demokratie, Gesellschaft.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Christentum über Politik - Lexikon der Argumente

Höffe I 92
Politik/Christentum/Höffe: Während Platon das politische Denken mit so gut wie allen Bereichen seines Philosophierens verknüpft, beschränken sich Aristoteles und Cicero hier auf die Verzahnung der Politik mit der Ethik und einer philosophisch anspruchsvollen Rhetorik. In dieser Weise wird die praktische Philosophie weithin autonom: Sie hat einen eigenen Gegenstand (...). Unter dem Einfluss des Christentums geht diese sowohl thematische als auch methodische Autonomie verloren. Das politische Denken wird in seinem Inneren, seinem Wesen, von Religion durchdrungen. Bloße, allenfalls mit Ethik und Rhetorik verknüpfte Politik hat ihr Recht verloren.
>Aristoteles
, >Cicero.
Mensch: Dass nach der Genesis der Mensch – zu betonen: jeder Mensch – als Ebenbild Gottes geschaffen ist, entfaltet erst nach langer Zeit seine volle Sprengkraft.
Judentum: Zunächst, im Christentum, wird die ethnische Begrenzung des Judentums
Höffe I 93
zugunsten aller Menschen guten Willens aufgehoben, mithin das bei jüdischen Propheten sich erst andeutende Potential der Universalisierung realisiert.
>Judentum.
Politik und Religion: Im Kanon des Christentums, im Neuen Testament, relativiert der Satz «Gebt dem Kaiser, was des Kaisers, und Gott, was Gottes ist»(1) die im Alten Orient vorherrschende, bei Cicero, im Rekurs auf das römische Sakralrecht, noch mitschwingende Verquickung von Politik und Religion.
>Religion.
Staat und Kirche/Höffe: Eine für die freiheitliche Entwicklung des Abendlandes grundlegende Unterscheidung von Staat und Religion und deren schließliche Trennung haben also einen christlichen Ansatz. Die Trennung muss allerdings keine politischen Folgen zeitigen, wie der Brief des Apostels Paulus an Philemon, den Herrn eines Sklaven, zeigt.
>Staat, >Kirche.
Sklaverei: Paulus’ Aufforderung, den entlaufenen Onesimus «wie einen Bruder» zu behandeln, sucht für ein rechtliches und soziales Ärgernis, die Sklaverei, eine Lösung aus dem Kern des Christentums, der Nächstenliebe. Sie verdrängt jedoch die rechtliche, zugleich genuin politische Lösung, die Aufhebung der Institution der Sklaverei. Denn der als Bruder zu Behandelnde bleibt ein Sklave.
>Sklaverei.
Höffe I 94
Zwei-Reiche-Lehre: Sie beherrscht zwar nicht das gesamte Christentum, ist aber in vielen Phasen der Wirkungsgeschichte dominant. Sie gründet in der Botschaft Jesu, etwa der Aussage «Mein Reich ist nicht von dieser Welt»(2) und dem erwähnten Matthäus-Vers «Gebt dem Kaiser, was des Kaisers, und Gott, was Gottes ist.»(1)
Höffe: Beide Reiche sind nicht etwa gleichrangig; statt einer Nebenordnung herrscht ein Vorrang im Sinne einer Hierarchie im wörtlichen Sinn einer heiligen Herrschaft. Die göttliche Herrschaft drängt die weltliche ins zweite Glied, nicht selten in den beinahe belanglosen Hintergrund.
Obrigkeitsstaat/Herrschaft: In einem für die christliche Theorie des Politischen hoch bedeutsamen Text, im Brief an die Römer, fordert der Apostel Paulus die römische Gemeinde auf, ihrer Obrigkeit untertan zu sein. Er begründet diese Rechtfertigung eines Obrigkeitsstaates
Höffe I 95
mit einem theologischen Argument, das den Christen über Jahrhunderte den Protest, notfalls Widerstand gegen politische Gewalt erschwert, beinahe unmöglich macht: «Denn es gibt keine Obrigkeit außer von Gott; wo es aber Obrigkeit gibt, ist sie von Gott angeordnet.»(3) In diesem Satz gründet der von Fürsten bis weit in die Neuzeit hinaus erhobene politische Anspruch, Herrscher «von Gottes Gnaden» zu sein.
JohannesVsObrigkeitsdenken: Der christliche Kanon enthält aber auch einen wahren Gegentext. In der Offenbarung des Johannes, der auch «Geheime Offenbarung» genannten Apokalypse, erscheint die Obrigkeit als ein satanischer Drache (13) und als Hure Babylon (17) im Gegensatz zum neuen Jerusalem (21).
Apolitische Haltung: Andernorts, zumal in den vier Evangelien spielt, von der Sphärentrennung abgesehen, das genuin Politische so gut wie keine Rolle. Im Vordergrund, besonders deutlich in der Bergpredigt, steht die eher apolitische, weil vor allem für freie Nahbeziehungen gültige Verpflichtung zur Nächstenliebe. Hinzu kommt das häufig ausgesprochene Gebot, das entsprechende Verhalten des Meisters nachzuahmen: «Geh’ hin und tu desgleichen»(4).
Lebensführung: Es kommt (...) auf ein vom Liebesgebot bestimmtes Zusammenleben an, das sich im Wesentlichen im vorpolitischen, wenn auch sozialen Bereich abspielt.
>Gemeinschaft, >Gesellschaft.

1. Matthäus 22,21
2. Johannes 18,36
3. Römer 13,1
4. Lukas 10,37

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.
Christentum

Höffe I
Otfried Höffe
Geschichte des politischen Denkens München 2016

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