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Postkolonialismus: Postkolonialismus ist die kritische akademische Untersuchung des kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Erbes von Kolonialismus und Imperialismus, wobei der Schwerpunkt auf den Auswirkungen der menschlichen Kontrolle und Ausbeutung der kolonisierten Völker und ihrer Länder liegt. Siehe auch Kolonialismus.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Achille Mbembe über Postkolonialismus – Lexikon der Argumente

Brocker I 912
Postkolonialismus/Mbembe/Herb: Achille Mbembes Untersuchung Zur politischen Vorstellungskraft im Afrika der Gegenwart(1) ist, allem Anschein zum Trotz, kein postkoloniales Buch über Afrika. So wenig die Untersuchung Buch sein will, so wenig ist sie sich ihres Gegenstandes Afrika sicher. Unter dem Titel Postkolonie liefert der Autor vielmehr Fragmente zu einer Studie, die ihren Zugang zum Gegenstand Afrika erst finden will, und dies in kritischer Distanz zu den postkolonialen Strömungen der Gegenwart. Die Rezeption (...) [des] Werkes meint es freilich anders. Von Anfang an wird der Autor dem Postkolonialismus zugerechnet. Dabei versteht der 1957 in Kamerun geborene Autor sich selbst eher als Dissident, der sich zwischen den Grenzen von okzidentaler Rationalität und postkolonialer Kritik frei bewegt und dabei die starren Fronten zwischen wissenschaftlichen Traditionen und Disziplinen überwinden will.
Brocker I 914
Die Kapitel über die »Befehlsgewalt« (»Du commandement«) und über die »indirekte private Regierung« (»Du gouvernement privé indirect«) analysieren den Zeitraum der postkolonialen Regime. Hier formuliert Mbembe seine These von den manifesten und verborgenen Kontinuitäten zwischen kolonialer Hierarchie und postkolonialer Herrschaftsordnung. Dabei wird sich zeigen, dass Gewalt, Willkür und Tod als Matrix afrikanischer Regime fungieren, und dies vor und nach der Erlangung politischer Unabhängigkeit von den Kolonialmächten.
(...) in Staaten wie Kamerun, Senegal und Togo (...) offenbart sich die eigenwillige »Ästhetik der Vulgarität« (»Esthétique de la vulgarité«), die in der Disziplin und Dressur postkolonialer Gesellschaften nach wie vor am Werke ist. Sie werden organisiert im Zeichen des Fetischs, ritualer Repräsentation und der Herrschaft des Simulacrums.
Brocker I 917
Postkolonie erscheint (...) als »Epoche«, »Eigenheit« oder »Zeitgeist«. »Als Epoche umfasst die Postkolonie in Wahrheit vielfältige Zeiträume, die aus überlappenden, ineinander verschachtelten und sich umschließenden Diskontinuitäten, Umstürzen, Trägheiten, Schwankungen bestehen« (Mbembe 2016(1), 66). >Tyrannei/Mbembe.
Die koloniale Transformation von Ökonomie in Politisches und Soziales findet unter veränderten Bedingungen auch in postkolonialen Regimen statt. Sie bildet geradezu den »Kitt der postkolonialen afrikanischen Autoritarismen« (107).
Brocker I 923
Postkolonie/Mbembe: Mbembes Analysen legen den Schluss nahe, dass sich die Verhältnisse in der Postkolonie unwesentlich von denen der Kolonie unterscheiden. Jedenfalls markiert die Zeit danach keinen Neuanfang. Es scheint, als werde dasselbe Theater aufgeführt, nur mit anderen Schauspielern und anderen Zuschauern. Die Postkolonie erscheint als »Epoche des rohen Lebens« (282), als Ort der Ununterscheidbarkeit von Leben und Tod.
HigddlestonVsMbembe: Widerspruch und Kritik musste sich Mbembe nach Veröffentlichung der Postkolonie von verschiedenen Seiten gefallen lassen. Sein Begriff der Postkolonie, so vielfältig, lautstark und farbenfroh er auch bestimmt sein mochte, erschien vielen dennoch als allzu »abstrakt«, seine Einzelanalysen als »somewhat hyperbolic and extraordinarily generalized« (Hiddleston 2009(2), 175). Die einzelnen kolonialen Regime würden oft über einen Kamm geschert und blieben in ihrer historischen Besonderheit unentdeckt.

1. Achille Mbembe, De la postcolonie. Essai sur l’imagination politique dans l’Afrique contemporaine, Paris 2000. Dt.: Achille Mbembe, Postkolonie. Zur politischen Vorstellungskraft im Afrika der Gegenwart, Wien/Berlin 2016
2. Hiddleston, Jane, Understanding Postcolonialism, Stocksfield 2009.

Karlfriedrich Herb, „Achille Mbembe, Postkolonie (2000)“. in: Manfred Brocker (Hg.) Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert. Frankfurt/M. 2018.


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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.
Mbembe, Achille

Brocker I
Manfred Brocker
Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert Frankfurt/M. 2018

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