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Augustinus: Augustinus (354 - 430) war ein frühchristlicher Theologe und Philosoph im Römischen Reich.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Otfried Höffe über Augustinus – Lexikon der Argumente

Höffe I 96
Augustinus/Höffe: In Augustinus’ intellektueller Entwicklung vollzieht sich der Übergang von der heidnischen Philosophie der Antike, bei ihm: der Stoa, noch mehr des Neuplatonismus, zum christlichen Mittelalter. Sein Werk prägt in buchstäblichem Sinn den Geist einer neuen Epoche. lässt. Seiner Herkunft nach wahrscheinlich ein Berber, lebt er in seiner literarischen und intellektuellen Entwicklung wie andere nordafrikanische Kirchenväter, wie Tertullian (150–um 225) und Cyprian (200–258), vollständig aus der lateinischen Kultur.
Höffe I 97
Im (...) Jahr 373 schließt er sich, von der «listig-schmeichelnden Beredsamkeit» des Bischofs Faustus «verführt», für ein knappes Jahrzehnt den Manichäern an. In Mailand hört Augustinus die gelehrten Predigten des in Trier geborenen Bischofs und Kirchenlehrers Ambrosius (340–397), die ihm das Christentum wieder nahebringen, aber ihn von einer manichäischen Neigung zum dualistischen Denken nicht freimachen. >Manichäismus/Höffe
.
Bekehrungserlebnis: Im August 386 widerfährt dem mittlerweile 32-jährigen ein dramatisches Erlebnis. Folgt man seinen Bekenntnissen (VIII, 12), so greift Augustinus auf die wiederholte Aufforderung einer Stimme: «Nimm und lies» nach dem bereitliegenden Buch und schlägt eine Stelle aus dem Römerbrief (.) auf: «Nicht in Schmausereien und Trinkgelagen, nicht in Schlafkammern und Unzucht, nicht in Zank und Neid; sondern ziehet an den Herrn Jesus Christus.»(1)
Höffe I 98
Werke: Hier seien neben den beiden Dialogen De beata vita (Vom glücklichen Leben, 386) und De ordine (Von der Ordnung, 386) fünf weitere Texte als besonders gewichtig hervorgehoben: die drei Bücher De libero arbitrio (Vom freien Willen, Buch I 388, Bücher II und III 391–395), die Confessiones (Bekenntnisse, 396–400), das systematische Hauptwerk De trinitate (Über die Dreifaltigkeit, um 400–425), für das politische Denken richtungsweisend De civitate dei (Vom Gottesstaat, um 412–426), schließlich ein umfassender kritischer Kommentar zum eigenen Gesamtwerk, die Retractationes (426).
Einschätzung/Höffe: In seinem vom Geist des Christentums aus reformierten, «getauften» Neuplatonismus verliert das vorchristliche, «heidnische» Wissen jeden Eigenwert. Bleiben darf nur, was der christlichen Kultur dient.
Höffe I 99
Erleuchtung/Illumination: Zu Augustinus’ hoch einflussreichen Gedanken gehört die Illuminationslehre, die Lehre von der göttlichen Erleuchtung (illuminatio), ohne die der menschliche Geist nichts erkennt. Dazu gehört die Ansicht, dass im Gegensatz zum antiken Eudaimonismus als Garant für ein dauerhaftes Glück nicht der Mensch selbst und seine Polis, vielmehr nur Gott infrage kommt.
VsEudämonismus: Im Gegensatz zu den hellenistischen, «heidnischen» Philosophen wird das vollkommene Glück und höchste Gut (...) religiös, als der ewige Friede in Gott, bestimmt(2). Hier tritt die christliche Revolution zutage: Das Eigenrecht der Welt, der Eigenwert diesseitiger Güter, wird aufgehoben; (...).
Höffe I 100
Weltliches Leben/Staat: Im Verhältnis zum persönlichen, letztlich im Jenseits zu erwartenden Seelenheil erscheint (...) die Sorge um gerechte politische Institutionen der diesseitigen Welt als deutlich sekundär, als geradezu extrem nachrangig. Mehr noch: Unter Augustinischen Prämissen ist ein pragmatisch-realistisches politisches Denken so gut wie unmöglich.
Höffe I 117
Nachwirkung: (...) [Augustinus] beeinflusst in der Neuzeit und in
Höffe I 118
der Gegenwart Humanisten wie Erasmus von Rotterdem (1469–1536). (...) Luther prägt er besonders in dessen Paulus-Exegese und der Gnadentheologie. Im 17. Jahrhundert spielt die Gnadenlehre im Jansenismus (nach dem niederländischen Theologen Cornelius Jansen: 1585–1638) eine Rolle, dessen französischem Zentrum, dem Kloster Port-Royal, Blaise Pascal (1623–1662) nahe steht.
Jean-Jacques Rousseau (1712–1778) (...) übernimmt für seine Autobiografie, die Bekenntnisse, Augustinus’ literarisches Muster.
Karl Jaspers schätzt Augustinus als einzigen «Gründer des Philosophierens zwischen Platon und Kant». Vgl. VsAugustinus: >Augustinus/Voltaire.

1. Paulus Brief an die Römer 13,13 f
2. Augustinus, De civitate dei, Vom Gottesstaat, Buch XIX, z.B. Kap. 27

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Höffe I
Otfried Höffe
Geschichte des politischen Denkens München 2016

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