Wirtschaft Lexikon der Argumente

Home Screenshot Tabelle Begriffe

 
Autoritarismus: Autoritarismus ist eine Regierungsform, die durch zentralisierte Macht, eingeschränkte politische Freiheiten und strenge Kontrolle über die Gesellschaft gekennzeichnet ist, wobei die Kontrolle durch Zwang oder Manipulation aufrechterhalten wird und die Rechte des Einzelnen und demokratische Prozesse eingeschränkt werden. Siehe auch Demokratie, Gesellschaft, Tyrannei, Diktatur, Staat (Polity).

_____________
Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Daniel Ziblatt über Autoritarismus – Lexikon der Argumente

Levitsky I 31
Autoritarismus/Levitsky/Ziblatt: In The Breakdown of democratic Regimes, 1978 (...) untersuchte [Juan J.] Linz die Rolle von Politikern und zeigte, wie ihr Verhalten die Demokratie stärken oder gefährden kann. Außerdem schlug er einen »Lackmustest« zur Identifizierung antidemokratischer Politiker vor (...).(1)
Auf Linz’ Erkenntnissen aufbauend, haben wir vier Verhaltensmerkmale herausgearbeitet, die als Warnzeichen dienen und helfen können, autoritäre Politiker zu erkennen.
Danach sollten wir uns Sorgen machen, wenn ein Politiker
(1) in Wort oder Tat demokratische Spielregeln ablehnt,
(2) politischen Gegnern die Legitimität abspricht,
(3) Gewalt toleriert oder befürwortet oder
(4) bereit ist, bürgerliche Freiheiten von Gegnern, einschließlich der Medien, zu beschneiden.
Levitsky I 72
Ad 1) [Donald] Trump erfüllte dieses Kriterium, als er die Legitimität des Wahlverfahrens in Frage stellte und vor der Wahl die beispiellose Ankündigung machte, er werde das Wahlergebnis möglicherweise nicht anerkennen.
>Wahlbetrug/Levitsky
.
Levitsky I 73
Ad 2) (Absprechen der Legitimität): Dem Historiker Douglas Brinkley zufolge hat seit 1860 kein wichtiger Präsidentschaftskandidat das demokratische System derart in Zweifel gezogen [wie Donald Trum]. Nur im Vorfeld des Bürgerkriegs hätten bedeutende Politiker der Bundesregierung auf ähnliche Weise die Legitimität abgesprochen. Dies sei ein »sezessionistisches, revolutionäres Motiv« gewesen, das für den Versuch gestanden habe, »gleich das gesamte System über den Haufen zu werfen«.(2)
Levitsky I 74
Ad 3) (Ermutigung zu Gewalt): Von Parteien ausgehende oder politisierte Gewalt ist häufig der Vorbote des Zusammenbruchs der Demokratie. Bekannte Beispiele sind die Schwarzhemden in Italien, die Nationalsozialisten in Deutschland, die linken Guerillas in Uruguay sowie die linken paramilitärischen Gruppen Anfang der 1960er Jahre in Brasilien. Im letzten Jahrhundert hat kein Präsidentschaftskandidat der großen Parteien jemals Gewalt gebilligt (George Wallace tat es 1968, aber er trat für eine dritte Partei an). Trump brach mit dieser Tradition. In seinem Wahlkampf tolerierte er die Gewaltausübung durch seine Anhänger (....).
Levitsky I 76
Ad 4) (Bereitschaft, brügerliche Freiheiten von (...) Kritikern zu beschneiden): Trump offenbarte diese Bereitschaft, als er 2016 ankündigte, nach der Wahl einen Sonderermittler einsetzen zu wollen, der gegen Hillary Clinton ermitteln solle, und erklärte, sie gehöre ins Gefängnis. 30 Außerdem drohte er mehrfach, kritische Medien zu bestrafen. Auf einer Kundgebung in Fort Worth in Texas beispielsweise verkündete er, gegen Jeff Bezos, den Besitzer der Washington Post, gerichtet: »Wenn ich Präsident werde, oh, dann haben sie ein Problem.(3)
Levitsky I 77
Außer Richard Nixon hat kein Präsidentschaftskandidat der beiden großen Parteien im vergangenen Jahrhundert auch nur eines der Kriterien unseres Lackmustests erfüllt.
Levitsky I 93
Zerstörung der Obersten Gerichte und Institutionen: Die Schiedsrichter auf seiner Seite zu haben, ist stets von Vorteil. Moderne Staaten besitzen verschiedene Institutionen, die das Recht haben, das Fehlverhalten sowohl von Beamten als auch von Privatpersonen zu untersuchen und zu bestrafen. Dazu gehören die Justiz, die Strafverfolgungsbehörden sowie Nachrichtendienste, Steuerämter und Aufsichtsbehörden aller Art. In Demokratien sind solche Behörden verpflichtet, als neutrale Schiedsstellen aufzutreten. Für angehende Autokraten stellen Justiz und Strafverfolgungsbehörden daher sowohl eine Herausforderung als auch eine Gelegenheit dar. In Ungarn zum Beispiel besetzte Ministerpräsident Viktor Orbán nominell unabhängige Behörden wie die Staatsanwaltschaft, den Rechnungshof, das Ombudsamt, das Zentrale Amt für Statistik und das Verfassungsgericht nach seiner Rückkehr an die Macht im Jahr 2010 mit seinen Parteigängern.(4)
Weitere Beispiele aus Polen, Venezuela, Peru, Malaysia(5-10).

1. Juan J. Linz, The Breakdown of Democratic Regimes. Crisis, Breakdown, and Reequilibration, Baltimore 1978, 27-38.
2. »Donald Trump, Slipping in Polls, Warns of ›Stolen Election‹«, in: The New York Times, 14. Oktober 2016.
3. »Donald Trump Threatens to Rewrite Libel Laws to Make It Easier to Sue the Media«, Business Insider, 26. Februar 2016.
4. János Kornai, »Hungary’s UTurn. Retreating from Democracy«, in: Journal of Democracy 26, Nr. 43 (Juli 2015), S. 35.
5. Joanna Fomina/Jacek Kucharczyk, »Populism and Protest in Poland«, in: Journal of Democracy 27, Nr. 4 (Oktober 2016), S. 62 f. Das Verfassungsgericht erklärte das Reformgesetz Anfang 2016 für verfassungswidrig, was die PIS-Regierung jedoch ignorierte. Seine Partei, verkündete der PIS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczyński, werde »in Polen keine Anarchie zulassen, selbst wenn sie von den Gerichten gefördert wird«; vgl. Bugaric/Ginsburg, »The Assault on Postcommunist Courts«, S. 74.
6. Allan-Randolph Brewer Carías, Dismantling Democracy in Venezuela. The Chávez Authoritarian Experiment, New York 2010, S. 58 f.; Jones, Hugo!, S. 241 f..
7. Brewer Carías, Dismantling Democracy in Venezuela, S. 59.
8. Javier Corrales/Michael Penfold, Dragon in the Tropics: Hugo Chávez and the Political Economy of Revolution in Venezuela, Washington, D. C., 2011, S. 27; Brewer Carías, Dismantling Democracy in Venezuela, S. 236–238.
9. »El chavismo nunca pierde en el Supremo Venezolano«, in: El País, 12. Dezember 2014, http://internacional.elpais.com/internacional/2014/12/12/ actualidad/1418373177_159073.html; Javier Corrales, »Autocratic Legalism in Venezuela«, in: Journal of Democracy 26, Nr. 2 (April 2015), S. 44.
10. Conaghan, Fujimori’s Peru, S. 154–162.

_____________
Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.
Ziblatt, Daniel

Send Link

Autoren A   B   C   D   E   F   G   H   I   J   K   L   M   N   O   P   Q   R   S   T   U   V   W   Y   Z  


Begriffe A   B   C   D   E   F   G   H   I   J   K   L   M   N   O   P   Q   R   S   T   U   V   W   Z