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Postmoderne: Die Postmoderne ist eine philosophische und kulturelle Bewegung, die in der Mitte des 20. Sie zeichnet sich durch eine Skepsis gegenüber traditionellen Vorstellungen von Wahrheit, Realität und Objektivität aus. Postmodernisten argumentieren, dass diese Begriffe nicht universell oder absolut sind, sondern vielmehr sozial konstruiert und von Kultur zu Kultur unterschiedlich. Siehe auch Modernismus, Kultur, Gesellschaft, Relativismus, Kulturrelativismus.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Jane Bennett über Postmoderne – Lexikon der Argumente

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Postmoderne/Bennett: Der Begriff Postmoderne ist in der politischen Theorie, aber auch in den Literaturwissenschaften, der Philosophie, der Anthropologie, den Künsten und im populären Diskurs gebräuchlich und funktioniert jeweils etwas anders. Seine Verwendung lässt sich unter drei Überschriften zusammenfassen: Postmoderne/Bennett: (1) als soziologische Bezeichnung für einen epochalen Wandel in der Art und Weise, wie das kollektive Leben organisiert ist (von zentralisierter und hierarchischer Kontrolle hin zu einer Netzwerkstruktur); (2) als ästhetisches Genre (Literatur, die mit nichtlinearer Narration experimentiert, eine spielerische Architektur gemischter Stile, eine Wertschätzung der Populärkultur, die die Unterscheidung zwischen hoch und niedrig erschwert); (3) als eine Reihe philosophischer Kritiken teleologischer und/oder rationalistischer Begriffe von Natur, Geschichte, Macht, Freiheit und Subjektivität. Die Postmoderne in der politischen Theorie beteiligt sich an allen drei, aber vielleicht am intensivsten an der dritten (...). >Postmoderne/Butler
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Postmoderne/Politische Theorie/Bennett: Innerhalb der politischen Theorie haben Kritiker sowohl von rechts als auch von links dazu tendiert, die Postmoderne als eine Ablehnung der Suche nach einer objektiven Wahrheit hinter subjektiven Erfahrungen zu sehen (Cheney, 1996(1); Dumm und Norton, 1998(2)). Da man annimmt, dass diese Suche die Möglichkeitsbedingung für jeden affirmativen Anspruch darstellt, wird der postmodernen politischen Theorie vorgeworfen, sie sei antipolitisch und unfähig, einen ethischen Standpunkt einzunehmen, mit Ausnahme von Widerstand, Ungehorsam, Verweigerung oder Dekonstruktion um der Dekonstruktion willen.
WeißVsPostmoderne: Stephen White bietet eine subtile Version dieser Kritik: Während "poststrukturalistisches und postmodernes Denken ... eine beharrliche utopische Hoffnung auf ein "noch nicht" in sich trägt, bleibt es allzu oft "fröhlich unspezifisch in Bezug auf die normative Orientierung im Hier und Jetzt" (White 2000(3): 90).
PostmoderneVsVs: Als Antwort darauf behaupten einige Postmodernisten, dass eine positive Ethik nicht unbedingt einen universellen
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Gott, die Vernunft oder ein solches Surrogat braucht, kann aber eher auf der Kultivierung einer existentiellen Bindung an das Leben beruhen als auf einer inneren oder äußeren Autorität (Bennett, 2001(4); Coles, 1997(5); Foucault, 1988(6); Kateb, 2000(7)). Der Komplex erkenntnistheoretischer und ontologischer Behauptungen, die den charakteristischen, postmodernen Denkstil ausmachen, lässt sich nicht mit Gerechtigkeit auf Negativismus reduzieren.
Postmoderne/Bennett: Die Postmoderne in der politischen Theorie entstand und entwickelt sich in enger Beziehung zu anderen theoretischen Ansätzen, darunter Feminismus, Liberalismus, psychoanalytische Theorie, kritische Theorie und Utopismus. Die Theorie der Postmoderne nimmt oft die Form genealogischer Studien an, die zeigen, wie diskursive Praktiken und Begriffsschemata in Machtverhältnisse eingebettet sind und wie diese kulturellen Formen das konstituieren, was als natürlich oder real erlebt wird (Butler, 1993(8) ; Brown, 1995(9); Ferguson, 1991(10)). Eine der politischen Einsichten der postmodernen Theorie ist, dass "es bei den Einsätzen einer demokratischen Politik ... ebenso sehr um die moderne Krise der Repräsentation wie um die Verteilung anderer Güter geht" (Dumm, 1999(11): 60). Dekonstruktionen von Wahnsinn und Kriminalität, feministische und queere Studien über Geschlecht und Sexualität, postkoloniale Studien über Rasse und Nation - sie alle versuchen, die Menschlichkeit von Entitäten aufzudecken, die früher entweder als natürlich, universell oder unvermeidlich galten.
>Politische Theorie/Postmoderne, >Identität/Postmoderne.

1. Cheney, Lynne (1996) Telling the Truth: Why Our Culture and Our Country Have Stopped Making Sense and What We Can Do About It. New York: Touchstone.
2. Dumm, Thomas and Anne Norton, eds (1998) ‘On left conservatism I’ and ‘On left conservatism II’. Theory & Event, 2 (2) und 2 (3).
3. White, Stephen K. (2000) Affirmation in Political Theory: The Strengths of Weak Ontology. Princeton, NJ: Princeton University Press.
4. Bennett, Jane (2001) The Enchantment of Modern Life: Attachments, Crossings, and Ethics. Princeton, NJ: Princeton University Press.
5. Coles, Romand (1997) Rethinking Generosity: Critical Theory and the Politics of Caritas. Ithaca, NY: Cornell University Press.
6. Foucault, Michel (1988) Care of the Self: The History of Sexuality, Volume III. New York: Random House.
7. Kateb, George (2000) ‘Aestheticism and morality: their cooperation and hostility’. Political Theory, 28 (1): 5–37.
8. Butler, Judith (1993) Bodies That Matter: On the Discursive Limits of ‘Sex’. New York: Routledge.
9. Brown, Wendy (1995) States of Injury: Power and Freedom in Late Modernity. Princeton, NJ: Princeton University Press.
10. Ferguson, Kathy E. (1991) The Man Question: Visions of Subjectivity in Feminist Theory. Berkeley, CA: University of California Press.
11. Dumm, Thomas (1999) ‘The problem of the We’. boundary 2, 26 (3): 55–61.

Jane Bennett, 2004. „Postmodern Approaches to Political Theory“. In: Gaus, Gerald F. & Kukathas, Chandran 2004. Handbook of Political Theory. SAGE Publications.

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Bennett I
Jonathan Bennett
"The Meaning-Nominalist Strategy" in: Foundations of Language, 10, 1973, pp. 141-168
In
Handlung, Kommunikation, Bedeutung, Georg Meggle Frankfurt/M. 1979

Gaus I
Gerald F. Gaus
Chandran Kukathas
Handbook of Political Theory London 2004

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