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Bildung: Bildung ist der Prozess des Erwerbs von Wissen, Fähigkeiten und Werten. Sie hilft uns, die Welt um uns herum zu verstehen und fundierte Entscheidungen zu treffen. Siehe auch Wissen, Zweite Natur.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Multikulturalismus über Bildung - Lexikon der Argumente

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Bildung/Religion/Multikulturalismus/Kukathas: Kymlicka (1995a(1):163) erkennt zum Beispiel das Dilemma an, in dem sich die Liberalen hier befinden, legt aber nahe, dass die Kinder am Ende so erzogen werden müssen, dass sie die Wege, die sie einschlagen werden, selbst wählen.
Andere haben jedoch nachdrücklicher betont, dass die Erziehung von Kindern zweifellos von grundlegender Bedeutung ist, sowohl aus der Perspektive des einzelnen Kindes als auch aus der Perspektive des
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liberalen Staates - und dies sollte Vorrang vor religiösen oder anderen Ansprüchen haben. Bildung ist Bildung für Staatsbürgerschaft.
Macedo: Stephen Macedo argumentiert zum Beispiel, dass diejenigen, die sich den Multikulturalismus zu eigen machen nicht vergessen, dass "liberale Bürger nicht auf natürliche Weise entstehen", dass Vielfalt "für liberaldemokratische Zwecke konstituiert werden muss". Seiner Ansicht nach müssen Kinder so erzogen werden, dass sie liberale Bürger werden (Macedo, 1995a(2): 68; und auch Macedo, 1995b(3); 2000(4)).
Gutmann: Eine ähnliche Ansicht vertritt Amy Gutmann, auch wenn sie sich bemüht, die Bedeutung einer multikulturellen Erziehung und die Gefahren einer Schulbildung zu betonen, die die Vielfalt der Traditionen in einer Gesellschaft ignoriert. Bildung muss letztlich eine Erziehung zur demokratischen Staatsbürgerschaft sein, wenn auch nicht nur zur Staatsbürgerschaft (Gutmann, 1996(5)).
Walzer: Dass sie auch dazu neigen wird, Minderheiten zu assimilieren und auf die Transformation von Religionsgemeinschaften hinzuarbeiten, kann nicht geleugnet werden und muss daher akzeptiert werden (Walzer, 1995(6): 29).
Callan: Wie Eamonn Callan bemerkt: "Schulen müssen in irgendeiner Weise sowohl das Interesse an der Bildung von Identität ehren, die zu Recht den Eltern gehört, und das Interesse, das wir alle als Mitglieder einer bürgerlichen Gemeinschaft teilen" (2000(7): 66; siehe auch Callan, 1997)(8).
Religion/Gruppen/Staat: Das Spannungsfeld zwischen den Ansprüchen von Staat und Religionsgemeinschaft, wenn es um die Behandlung und Erziehung von Kindern geht, ist bei zahlreichen Gelegenheiten in Rechtsfällen aufgetaucht, die wiederum eine beträchtliche Debatte in der politischen Theorie ausgelöst haben.
Beispiel: 1972 entschied der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten im Fall Wisconsin gegen Yoder zugunsten von Amish-Eltern der alten Ordnung, die ihre Kinder nach der achten Klasse aus den staatlichen Schulen von Wisconsin abziehen wollten, zwei Jahre früher, als es die gesetzlichen Anforderungen an die Schulpflicht erlaubten.
Erläuterung: Eine Reihe von Theoretikern haben argumentiert, dass dies eine schlechte Entscheidung war, entweder weil sie die Interessen des Kindes vernachlässigt, obwohl dies nicht übertrieben werden sollte, da es nur um zwei zusätzliche Ausbildungsjahre ging (Feinberg, 1980(9); Gutmann, 1980(10)), oder weil sie die Bedeutung der Bildung für die Staatsbürgerschaft nicht anerkennt (Arneson und Shapiro, 1996)(11). Andere haben jedoch argumentiert, dass der liberale Staat sich der widerrechtlichen Aneignung der elterlichen Autorität widersetzen sollte, um seine Meinung darüber durchzusetzen, was die beste Lebensweise für das Kind ist (Burt, 1996(12): 432).
Probleme: (...) Liberale Theoretiker waren geteilter Meinung über die Grenzen der elterlichen Autorität und den Spielraum für Ausnahmen aufgrund religiöser oder kultureller Überzeugungen (vgl. Callan, 1997(8) und Tomasi, 2001(13)). Eines der Dilemmata, die sich aus solchen Umständen ergeben, ist die Frage, ob man die Kosten für die Gewährung von Befreiungen oder die Kosten für deren Verweigerung tragen soll. Wenn die Kosten für die Gewährung von Ausnahmeregelungen für Eltern darin bestehen, dass ihre Kinder nicht einer Vielfalt von Ansichten ausgesetzt werden (was sie vermutlich zu besseren Bürgern machen würde), könnten die Kosten für die Verweigerung von Ausnahmeregelungen für Eltern darin bestehen, dass sich mehr Eltern dazu entschließen, ihre Kinder zu Hause zu unterrichten, wodurch sie noch stärker vom demokratischen Mainstream abgeschnitten werden (Reich, 2002(14)).
Kopftuch-Affäre: [Frankreich 1989]: In diesem Fall ergab sich ein Problem, weil drei nordafrikanische Immigrantinnen in einer französischen öffentlichen Sekundarschule sich dafür entschieden, ihr Kopftuch im Unterricht zu tragen, eine Geste, die als Herausforderung an die nationale Politik des Säkularismus in den Schulen interpretiert wurde. Wie Bhikhu Parekh anmerkt, "traf diese Frage den Kern der französischen Vorstellungen von Staatsbürgerschaft und nationaler Identität und spaltete das Land" (2000(15): 250). Aber es spaltete auch die politischen Theoretiker (Galeotti, 1993(16); 1994; Moruzzi, 1994a(17); 1994b(18)).
Kukathas: In dieser wie auch in anderen Kontroversen um die Kleiderfrage besteht das Problem darin, dass Kleidung nicht eindeutig eine Privatangelegenheit ist.
Laizismus: Im Fall des Kopftuchs wurde das Problem jedoch durch das französische Bildungssystem und sein philosophisches Prinzip, die Laizität, vertieft, das staatliche Neutralität gegenüber "allen Arten religiöser Praktiken fordert, institutionalisiert durch eine wachsame Entfernung religiöser Symbole, Zeichen, Ikonen und Kleidungsstücke mit Sektencharakter aus der offiziellen Öffentlichkeit" (Benhabbib, 2002(19): 95-6).
Kukathas: Wie dies mit anderen öffentlichen Verpflichtungen zur Religions- und Gewissensfreiheit sowie zur persönlichen Freiheit in Einklang gebracht werden sollte, wurde völlig undurchsichtig.
Vgl. >Sitten/Moral/Multikulturalismus.

1. Kymlicka, Will (1995a) Multicultural Citizenship: A Liberal Theory of Minority Rights. Oxford: Oxford University Press.
2. Macedo, Stephen (1995a) 'Multiculturalism for the religious right? Defending liberal civic education'. In Yael Tamir, Hrsg., Democratic Education in a Multicultural State. Oxford: Blackwell, 65—80.
3. Macedo, Stephen (1995b) 'Liberal civic education and religious fundamentalism: the case of God v. John Rawls'. Ethics, 105:468-96.
4. Macedo, Stephen (2000) Democracy and Distrust: Civic Education in a Multicultural Democracy. Cambridge, MA: Harvard University Press.
5. Gutmann, Amy (1996) 'Challenges of multiculturalism in democratic education'. In Robert K. Fullinwider, Hrsg., Public Education in a Multicultural Society: Policy, Theory, Critique. Cambridge: Cambridge University Press, 156-79.
6. Walzer, Michael (1995) 'Education, democratic citizenship, and multiculturalism'. In Yeal Tamir, Hrsg., Democratic Education in a Multicultural State. Oxford: Blackwell, 23-32.
7. Callan, Eamonn (2000) 'Discrimination and religious schooling'. In Will Kymlicka and Wayne Norman, eds, Citizenship in Diverse Societies. Oxford: Oxford University Press, 45—67.
8. Callan, Eamonn (1997) Creating Citizens: Political Education and Liberal Democracy. Oxford: Oxford University Press.
9. Feinberg, Joel (1980) 'The child's right to an open future'. In William Aiken and Hugh LaFollette, eds, Whose Child? Children's Rights, Parental Authority, and State Power. Totowa, NJ: Littlefield Adams.
10. Gutmann, Amy (1980) 'Children, paternalism and education'. Philosophy and Public Affairs, 9 (4): 338—58.
11. Arneson, Richard and Ian Shapiro (1996) 'Democratic autonomy and religious freedom: a critique of Wisconsin v. Yoder'. In Ian Shapiro and Russell Hardin Hrsg., Political Order: NOMOS XXXVIII. New York: New York University Press, 365—411.
12. Burt, Shelley (1996) 'In defense of Yoder. parental authority and the public schools'. In Ian Shapiro and Russell Hardin, Hrsg., Political Order: NOMOS XXXVIII. New York: New York Umversity Press, 412—37.
13. Tomasi, John (2001) Liberalism Beyond Justice. Princeton, NJ: Princeton University Press.
14. Reich, Rob (2002) Bridging Liberalism and Multiculturalism in American Education. Chicago: Umversity of Chicago Press.
15. Parekh, Bhikhu (2000) Rethinking Multiculturalism: Cultural Diversity and Political Theory. London: Macmillan.
16. Galeotti, Anna Elisabetta (1993) 'Citizenship and equality: the place for toleration'. Political Theory, 21 (4): 585-605.
17. Moruzzi, Norma Claire (1994a) 'A problem with headscarves: contemporary complexities of political and social identity'. Political Theory, 22 (4): 653—72.
18. Moruzzi, Norma Claire (1994b) 'A response to Galeotti'. Political Theory, 22 (4): 678_9.
19. Benhabib, seyla (2002) The Claims of Culture: Equality and Diversity in the Global Era. Princeton, NJ: Princeton Umversity Press.

Kukathas, Chandran 2004. „Nationalism and Multiculturalism“. In: Gaus, Gerald F. & Kukathas, Chandran 2004. Handbook of Political Theory. SAGE Publications


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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.
Multikulturalismus

Gaus I
Gerald F. Gaus
Chandran Kukathas
Handbook of Political Theory London 2004

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