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Staatsbürgerschaft: Die Staatsbürgerschaft ist der rechtliche Status einer Person als anerkanntes Mitglied einer bestimmten Nation oder eines Landes. Sie verleiht bestimmte Rechte und Pflichten, wie das Wahlrecht, das Recht, ein öffentliches Amt zu bekleiden und öffentliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, und erlegt gleichzeitig Pflichten wie die Zahlung von Steuern und die Einhaltung von Gesetzen auf. Siehe auch Staat, Bürger, Bourgois/Citoyen, Recht, Rechte, politische Wahlen, Wahlsysteme, Besteuerung.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Sylvia Walby über Staatsbürgerschaft – Lexikon der Argumente

Gaus I 281
Staatsbürgerschaft/Walby/Mottier: Tradition: Die politische Theorie des Mainstream (...) betrachtet Staatsbürgerschaft als einen universellen Begriff. Demokratische Rechte der sozialen und politischen Partizipation gelten für jeden Bürger ohne Rücksicht auf seine Rasse, Religion oder sein Geschlecht.
FeminismusVsTradition: Feministische Autorinnen haben gezeigt, dass die zentralen Prämissen universalistischer Konzeptionen von Staatsbürgerschaft aufgrund der geschlechtsspezifischen Verzerrung fehlerhaft sind. Wie die Arbeiten von Vicky Randall (1998)(1), Ruth Lister (1997)(2) und Sylvia Walby (1994)(3) zeigen, wurden Frauen entweder ausgeschlossen oder auf unterschiedliche Weise in die Staatsbürgerschaft einbezogen.
WalbyVsTradition: Walbys historische Analyse zeigt zum Beispiel den geschlechtsspezifischen Charakter von Staatsbürgerschaft durch eine kritische Bewertung des Werkes von T. H. Marshall (1950)(4), das oft als Ausgangspunkt für moderne Debatten über diese Frage genommen wird (...).
>Staatsbürgerschaft/Marshall.
Staatsbürgerschaft/Marshall: Nach Marshall entwickelten sich nacheinander verschiedene Arten von Staatsbürgerschaft, wobei die Bürgerrechte im achtzehnten, die politischen Rechte im neunzehnten und die sozialen Rechte im zwanzigsten Jahrhundert entstanden.
WalbyVsMarshall: Walby analysiert die Geschichte der Staatsbürgerschaft im Vereinigten Königreich und in den USA und stellt Marshalls These in Frage. Bis in die 1920er Jahre beispielsweise hatten britische und amerikanische Frauen im Gegensatz zu Männern noch nicht die Mehrheit der bürgerlichen und politischen Rechte erworben. Zudem wurden die politischen Rechte von Frauen vor den Bürgerrechten erworben, was im Widerspruch zu Marhalls sequenziellem Modell steht. Mit anderen Worten, wie Walby zeigt, haben die drei von Marshall beschriebenen Arten von Bürgerrechten für verschiedene soziale Gruppen unterschiedliche historische Bahnen genommen.
Die Konzeption eines einzigartigen Modells von Staatsbürgerschaft offenbart daher eine geschlechtsspezifische Voreingenommenheit, die auch in den Arbeiten späterer Autoren, die auf Marshalls Werk aufbauten, wie Turner und Mann, vorhanden ist. Wie Walby betont, legen diese Autoren in ähnlicher Weise den Schwerpunkt auf die Bedeutung der sozialen Klasse in der Geschichte der Staatsbürgerschaft und der Bildung des Nationalstaats, vernachlässigen aber andere Faktoren wie Geschlecht oder Rasse. In dieser Hinsicht schließt sich Walby anderen feministischen Kritikerinnen des Konzepts der Staatsbürgerschaft an, wie z.B. Lister (1990)(5) und Pateman (1989)(6), für die die Tatsache, dass Frauen in keiner Demokratie als vollwertige und gleiche Bürgerinnen behandelt wurden, bedeutet, dass "Demokratie nie existiert hat" (1989(6): 372).
Geschlechterrollen/WalbyVsPateman/WalbyVsLister: Walby weist jedoch auch auf einen wichtigen Widerspruch in ihrer Arbeit hin: Einerseits stellen Autoren wie Lister und Pateman die geschlechtsspezifische Natur der Grenzen zwischen dem Öffentlichen und dem Privaten in Frage, während sie auf der Bedeutung weiblicher Werte und Rollen (Pateman, 1991)(7) und auf der Anerkennung der Arbeit von Frauen im privaten Bereich durch die öffentliche Sphäre (Lister, 1990)(5) bestehen.

1. Randall, Vicky (1998) 'Gender and power: women engage the state'. In Vicky Randall and Georgina
Waylen, Hrsg., Gende'; Politics and the State. London: Routledge, 185-205.
2. Lister, Ruth (1997) Citizenship: Feminist Perspectives. Basingstoke: Macmillan.
3. Walby, Sylvia (1994) 'Is citizenship gendered?' Sociology, 28 (2): 379-95.
4. Marshall, T. H. (1950) Class, Citizenship and Social Development. Chicago: University of Chicago Press.
5. Lister, Ruth (1990) 'VVomen, economic dependency and citizenship'. Journal of Social Policy, 19 (4): 445-67.
6. Pateman, Carole (1989) The Disorder of Women: Democracy, Feminism and Political Theory.
Cambridge: Polity.
7. Pateman, Carole (1991) The Disorder of Women. Stanford: Stanford University Press.

Véronique Mottier 2004. „Feminism and Gender Theory: The Return of the State“. In: Gaus, Gerald F. & Kukathas, Chandran 2004. Handbook of Political Theory. SAGE Publications


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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.
Walby, Sylvia

Gaus I
Gerald F. Gaus
Chandran Kukathas
Handbook of Political Theory London 2004

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