Lexikon der Argumente


Philosophische Themen und wissenschaftliche Debatten
 
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Demokratie Kelsen Brocker I 132
Demokratie/Kelsen: Für Kelsen lässt sich die moderne Demokratie nur als parlamentarische verwirklichen.(1) Doch auch Kelsens Stellungnahme für den Parlamentarismus ist keine dogmatische Position, sie ist die Beobachtung eines zivilisatorischen Prozesses zunehmender Arbeitsteilung und sozialer Differenzierung.(2) Diese funktionale Theorie des Parlamentarismus stellt Kelsen ausdrücklich gegen die »Fiktion der Repräsentation«. (3) >Parlamentarismus/Kelsen.
Brocker I 132/133
Kelsen sieht die Konkurrenz von Demokratie und Autokratie als zentral an. Die Demokratie selbst strebt nach „Führerlosigkeit“.(4) Die Existenz der demokratischen Ideologie erklärt Kelsen überwiegend sozialpsychologisch. Er bezeichnet die Volkssouveränität als »Totem« (5), als Maske, die sich das normunterworfene Volk aufsetzt, um sich wenigstens im Ritual von den tatsächlich die Herrschaft ausübenden Akteuren abzuheben und zu überheben. Kelsen betrachtet dagegen wie Weber Herrschaft als notwendig, weshalb man sich nur die Frage zu stellen hat, wie sie zu gestalten ist. Mit der Demokratie geht in Kelsens Augen notwendig eine bestimmte Weltanschauung einher, welche von einer Unerkennbarkeit absoluter Wahrheit und absoluter Werte ausgeht und daher auch die »fremde, gegenteilige Meinung zumindest für möglich« erachtet (6). Das erst erlaubt die Offenheit der Demokratie für wechselnde Mehrheiten und macht die Minoritätenposition erträglich.
Brocker I 135
KelsenVsSchmitt/KelsenVsSmend/Llanque: Kelsen wird hauptsächlich als derjenige Autor gesehen, der inmitten der Mehrzahl der demokratiekritischen Staatslehrer der Weimarer Republik klar zu den Anhängern der parlamentarischen Demokratie gerechnet werden kann (Groh 2010)(7). Er hat scharfe Kritiken an Gegnern in dieser Debatte veröffentlicht, darunter Rudolf Smend und Carl Schmitt. Einigen gilt Kelsen auch als deutlichste Gegenposition zu Schmitt (Diner/Stolleis 1999(8); Dreier 1999(9)).
Brocker I 139
SchmittVsKelsen/HellerVsKelsen: Keksen wurde vorgeworfen, er habe die Demokratie inhaltlich entleert und zu einem prozeduralen Begriff degradiert (Boldt 1986(10); Saage 2005(11)).
1. Hans Kelsen, »Vom Wesen und Wert der Demokratie«, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik 47, 1920/1921, 50-85 (Separatdruck: Tübingen 1920). Erweiterte Fassung: Hans Kelsen, Vom Wesen und Wert der Demokratie, Tübingen 1929 (seitenidentischer Nachdruck:Aalen 1981), S. 25
2. Ebenda S. 29
3. Ebenda S. 30
4. Ebenda S. 79
5. Ebenda S. 86
6. Ebenda S. 101
7. Kathrin Groh, Demokratische Staatsrechtslehrer in der Weimarer Republik. Von der konstitutionellen Staatslehre zur Theorie des modernen demokratischen Verfassungsstaates, Tübingen 2010 8. Dan Diner & Michael (Hg.) Hans Kelsen and Carl Schmitt. A Juxtaposition, Gerlingen 1999
9. Horst Dreier »The Essence of Democracy: Hans Kelsen and Carl Schmitt Juxtaposed«, in: Dan Diner/Michael Stolleis (Hg.), Hans Kelsen and Carl Schmitt. A Juxtaposition, Gerlingen 1999, 71-79
10. Hans Boldt, »Demokratietheorie zwischen Rousseau und Schumpeter. Bemerkungen zu Hans Kelsens ›Vom Wesen und Wert der Demokratie‹«, in: Max Kaase (Hg.), Politische Wissenschaft und politische Ordnung. Analysen zur Theorie und Empirie demokratischer Regierungsweise, Festschrift für Rudolf Wildenmann, Opladen 1986, 217-232.
11. Richard Saage, Demokratietheorien: Historischer Prozess, Theoretische Entwicklung, Soziotechnische Bedingungen. Eine Einführung, Wiesbaden 2005.

Marcus Llanque, „Hans Kelsen, Vom Wesen und Wert der Demokratie“, in: Manfred Brocker (Hg.) Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert. Frankfurt/M. 2018

Brocker I
Manfred Brocker
Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert Frankfurt/M. 2018
Menschenrechte Kelsen Brocker I 139
Menschenrechte/Kelsen: unter Kelsens Ablehnung absolutistischer Weltanschauungen fällt auch die Ablehnung der Annahme, man könne Menschenrechte als vorpolitische Normen ansehen, die von der Politik anerkannt werden müssten, nicht aber von ihr hervorgebracht würden. >Naturrecht/Kelsen, >Demokratietheorie/Kelsen, >Demokratie/Kelsen.
VsKelsen: Interpreten, die Kelsen als Liberalen sehen, folgen ihm gerne in der Ablehnung der Diktatur, haben aber Mühe mit seiner Kritik an Grund- und Menschenrechten.

Marcus Llanque, „Hans Kelsen, Vom Wesen und Wert der Demokratie“, in: Manfred Brocker (Hg.) Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert. Frankfurt/M. 2018

Brocker I
Manfred Brocker
Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert Frankfurt/M. 2018
Staat Bobbio Gaus I 406
Staat/Demokratie/Bobbio/Bellamy/Jennings/Lassmann: Während die italienische Nachkriegspolitik von den beiden "Religionen", vertreten durch die katholischen Christdemokraten (DC) und die von Gramsci inspirierte Italienische Kommunistische Partei, dominiert wurde, setzten sich politische Theoretiker weiterhin mit den Spannungen zwischen den beiden Roms auseinander, insbesondere mit den Schwierigkeiten, die pragmatischen Zugeständnisse der Politik mit einem umfassenderen kulturellen und moralischen Streben nach sozialer Einheit zu vereinbaren. Es überrascht nicht, dass Andersdenkende auf beiden Seiten typischerweise ihre Parteien beschuldigten, die letztere der ersteren zu opfern. Bezeichnenderweise führte der wichtigste politische Denker dieser Zeit, Norberto Bobbio (1909-[2004]), obwohl er als Mitglied der "laienhaften" Sozialistischen Partei Italiens (PSI) keinem der beiden Lager angehörte, zu einer Rückkehr zur neomachiavellistischen Tradition von Pareto und Mosca (Bobbio, 1977)(1). Bobbio begann als Rechtstheoretiker, und seine frühesten Schriften waren von der rechtspositivistischen Tradition Hans Kelsens inspiriert - eine unverwechselbare Position im italienischen Kontext, die sich als äußerst einflussreich erwies.
Bobbio teilte Kelsen's tiefes Bekenntnis zum liberalen Ideal des Rechtsstaates und kritisierte die Rechte und insbesondere die marxistische Linke scharf, weil sie die Bedeutung der Rechtsstaatlichkeit für die Verteidigung der individuellen Freiheit übersah.
>Freiheit/Kelsen.
Jura/BobbioVsKelsen: Er hatte jedoch eine realistischere Auffassung von der Natur des Rechts als Kelsen und betrachtete es als institutionalisierte Macht. Dieser Ansatz führte ihn zu einer Reihe bahnbrechender Studien über Hobbes und schließlich zur politischen Theorie. 1972 tauschte er seinen Lehrstuhl für Rechtswissenschaft an der Universität Turin gegen einen Lehrstuhl an der neu geschaffenen politischen Fakultät. Er begann nun mit einer Reihe von Essays, die sich mit dem Wesen des Staates und der Demokratie befassten. Diese Arbeiten waren oft motiviert durch sein eigenes Engagement für die Friedensbewegung (Bobbio, 1979)(2) einerseits und seine Kritik an der radikalen neuen Linken (Bobbio, 1987a)(3) andererseits.
Kosmopolitismus: Er lehnte Atomwaffen zutiefst ab und wurde zu einem bahnbrechenden Verfechter einer Form von kosmopolitischer Demokratie als einzigem plausiblen Weg zur Institutionalisierung des Völkerrechts. Dennoch blieb er gegenüber radikalen Plänen für eine partizipatorische Demokratie auf jeder Ebene zutiefst skeptisch.
Demokratie: Um auf Pareto und insbesondere Mosca zurückzukommen, definierte Bobbio (1987b)(4) Demokratie einfach als ein Mittel zur Formalisierung der Regeln, nach denen Eliten um Macht konkurrieren und diese ausüben. Obwohl sie im Vergleich zu den Hoffnungen der radikalen Demokraten bescheiden ist, bietet sie den einzigen verfügbaren Mechanismus, mit dem "Gewalt" durch "Zustimmung" begrenzt werden kann.

1. Bobbio, N. (1977) Saggi sulla scienza politica in Italia. Bari: Laterza.
2. Bobbio, N. (1979) Il problema della guerra e le vie della pace. Bologna: Il Mulino.
3. Bobbio, N. (1987a) Which Socialism? Marxism, Socialism
and Democracy, Hrsg. Richard Bellamy. Cambridge: Polity (first Italian edn 1976).
4. Bobbio, N. (1987b): The Future of Democracy. A Defence of the Rules of Game. Minneapolis

Bellamy, Richard, Jennings, Jeremy and Lassman, Peter 2004. „Political Thought in Continental Europe during the Twentieth Century“. In: Gaus, Gerald F. & Kukathas, Chandran 2004. Handbook of Political Theory. SAGE Publications

Gaus I
Gerald F. Gaus
Chandran Kukathas
Handbook of Political Theory London 2004