Lexikon der Argumente


Philosophische Themen und wissenschaftliche Debatten
 
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Balance of Power Waltz Brocker I 634
Balance of Power/WaltzVsTradition/Waltz: die zentrale ANnahme einer Balance-of-Power-Theorie ist, dass Staaten einheitliche Akteure (“unitary actors”) sind, deren Minimalziel das eigene Überleben und deren Maximalziel die universelle Dominanz ist. Dazu haben Staaten zwei Machtmittel: interne Machtsteigerung, (Aufrüstung, Stärkung der Volkswirtschaft) oder externe Machtsteigerung (Allianzenbildung oder Eroberung). Da externe Machtsteigerung ein System von mindestens drei Staaten erfordert, geht die traditionelle Theorie von mindestens drei Akteuren aus. WaltzVs: diese Annahme ist falsch (1). Zwei oder mehr Staaten koexistieren in einem Selbsthilfesystem ohne übergeordnete Zentralgewalt, die einem schwachen Staat zu Hilfe eilen oder einen Staat von dem Einsatz von Machtmittel abhalten kann, die dieser zur Verfolgen seiner Interessen einsetzen könnte. IN einem solchen System ist das zu erwartende Resultat ein Gleichgewicht (balance of power). Dabei ist das primäre Ziel von Staaten nach Waltz, ihre Position im internationalen System beizubehalten (2). Daher werden sie ein Ausbalancieren der Mächte einem Angleichen an stärkere Staaten („bandwagoning“) vorziehen.
Waltz These: dies gilt nicht nur für die Beziehung zwischen Großmächten, sondern für jede Konstellation von zwei Staaten im Wettbewerb.
WaltzVsTradition/WaltzVsMorgenthau: ältere Autoren (u. a. Hans J. Morgenthau) hatten einen Willen staatlicher Akteure zur Schaffung von Gleichgewichtssystemen angenommen, Waltz hält dies für überflüssig. (3) Waltz: nicht die Motive der Akteure, sondern die Systemstruktur sorgt dafür, dass Gleichgewicht eintritt. (4)


1. Kenneth N. Waltz, „Theory of International Relations“, in: Fred Greenstein/Nelson W. Polsby (Hg.) International Politics: Handbook of Political Science, Reading, Mas. 1975, S. 36
2. Kenneth N. Waltz, Theory of International Politics, Reading, Mas. 1979, S. 126.
3. Hans J. Morgenthau, Macht und Frieden. Grundlegung einer Theorie der internationalen Politik, Gütersloh 1963, S. 219-220.
3. Waltz 1979, S. 128.

Carlo Masala, „Kenneth N. Waltz, Theory of International Politics” in: Manfred Brocker (Hg.) Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert. Frankfurt/M. 2018

PolWaltz I
Kenneth N. Waltz
Man,the State and War New York 1959

Brocker I
Manfred Brocker
Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert Frankfurt/M. 2018
Liberalismus Morgenthau Brocker I 280
Liberalismus/MorgenthauVsLiberalismus/Morgenthau: These (1948): Der europäische Liberalismus, historisch hervorgegangen aus dem innenpolitischen Kampf gegen absolute Gewalt, wurde von akademischen ebenso wie von außenpolitischen Eliten in Washington auf das völlig anders geartete Feld der zwischenstaatlichen Beziehungen transferiert. Ein denaturierter Liberalismus dieser Art vermochte zwar nicht die – nach Morgenthaus Ansicht im Menschen selbst verankerte – Urkraft des Politischen zu eliminieren, wohl aber die Sachlichkeit im Umgang mit dem Politischen. Amerika war befangen in einem Knäuel von Wünschbarkeiten, trügerischen Hoffnungen und abstrakten Idealen, in vereinfachenden Schemata und Rezepten, die von der Konfrontation mit der machtpolitischen Realität vermeintlich dispensierten.
Brocker I 286
MorgenthauVsLiberalismus: dieser versuche, auf dekadente Weise das überall vorhandene Machtstreben, das das Politische bestimmt, zu negieren. Dieses Machtstreben sei in der Natur des Menschen angelegt und beherrsche sowohl das Privatleben als auch das Gesellschaftliche. Siehe Politik/Morgenthau, Macht/Morgenthau. VsMorgenthau: diese realistische Sichtweise wurde von seinen amerikanischen Zeitgenossen ((s) Ende der 1940er Jahre) angefeindet, womit Morgenthau nicht gerechnet hatte. Für Morgenthau was diese Beschreibung allerdings moralisch indifferent. Morgenthau erkannte nicht, dass seine Diagnose als moralische Bejahung von Macht und Machtpolitik verstanden werden konnte und auch wurde.


Christoph Frei, „Hans J. Morgenthau, Macht und Frieden (1948)“ in: Manfred Brocker (Hg.) Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert. Frankfurt/M. 2018

Pol Morg I
Hans Morgenthau
Macht und Frieden. Grundlegung einer Theorie der internationalen Politik Gütersloh 1963

Brocker I
Manfred Brocker
Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert Frankfurt/M. 2018
Politischer Realismus Brown Gaus I 290
Politischer Realismus/Brown: Realisten nehmen den Staat als den wichtigsten internationalen Akteur wahr, gehen davon aus, dass Staaten nach Machtinteressen definierte Interessen verfolgen, und stellen so die Hypothese einer Welt auf, die als "Kampf um Macht und Frieden" charakterisiert werden kann, so der Untertitel von Hans J. Morgenthaus einflussreichem Werk "Politics among Nations" (1948)(1). Ein politischer Theoretiker, der diese Skizze vorlegt, könnte vernünftigerweise annehmen, dass diese Doktrin mit der deutschen Machtpolitik des 19. Jahrhunderts in der Schule von Heinrich von Treitschke in Verbindung steht oder, vielleicht auf einer höheren Ebene, mit dem rechten, politischen Philosophen und Rechtstheoretiker des 20. Jahrhunderts, Carl Schmitt, dessen "Freund-Feind"-Unterscheidung hier höchst relevant erscheint (Schmitt, 1996(2); Treitschke, 2002(3)). Brown: (...) nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Der klassische amerikanische Realismus entstand in den 1930er und 1940er Jahren. Seine drei einflussreichsten Figuren waren der radikale Theologe Reinhold Niebuhr, der Diplomat George Kennan und der emigrierte internationale Jurist, politische Theoretiker und ab 1943 der Professor Morgenthau von der Universität Chicago; ihre Arbeiten werden in einer Reihe moderner Studien gut beschrieben (Smith, 1986(4); Rosenthal, 1991(5); Murray, 1996(6)). >Internationale Beziehungen/Niebuhr, >Balance of Power/Waltz, >Balance of Power/Sozialwahltheorie, >Internationale Beziehungen/Carr.
Gaus I 291
Sozialwahltheorie: (...) die Dominanz des neorealistischen/neoliberalen Denkens hat die Bandbreite der Fragen, die Theoretiker der internationalen Beziehungen für angemessen oder beantwortbar halten, erheblich eingeengt. Ob Staaten relative oder absolute Gewinne anstreben (eine Möglichkeit, zwischen neorealistischen und neoliberalen Annahmen zu unterscheiden), ist eine interessante Frage, kann aber kaum eine befriedigende Grundlage für eine Untersuchung der Grundlagen der gegenwärtigen internationalen Ordnung bilden (Grieco, 1988)(7). VsSozialwahltheorie: Ältere Realisten waren eher bereit, diese Grundlagen zu kritisieren, und unternahmen zumindest den Versuch, sich mit Themen wie der Ethik der Gewalt oder der Gerechtigkeit in einer von großen materiellen Ungleichheiten geprägten Welt auseinanderzusetzen. Klassische Realisten wie Stanley Hoffman, beeinflusst durch den französischen Denker Raymond Aron, und Hedley Bull von der englischen Schule versuchten zumindest, sich mit der Forderung der Dritten Welt nach einer neuen internationalen Wirtschaftsordnung aus den 1970er Jahren auseinanderzusetzen (Aron, 1967(8); Hoffman, 1981(9); Bull, 1984(10)).
Neorealismus/Neoliberalismus: Im Gegensatz dazu unternehmen weder Neorealismus noch Neoliberalismus den Versuch, die Gerechtigkeit der bestehenden internationalen Ordnung in Betracht zu ziehen, geschweige denn zu verteidigen; Anarchie ist einfach eine Gegebenheit, eine Annahme, die nicht in Frage gestellt werden kann, und die Sorge um die inneren Merkmale von Staaten, wie z.B. ihre Armut, ist fehlgeleitet, da von Staaten behauptet wird, dass sich ihr Verhalten ähnelt und sie sich relevant nur durch ihre Fähigkeiten unterscheiden.
VsMorgenthau: Im Gegensatz zum praktischen Realismus von Morgenthau beruht der Realismus der "Anarchieproblematik" auf einem theoretischen Konstrukt, aber, vielleicht paradoxerweise, haben gerade seine Grenzen tatsächlich einen Raum eröffnet, den eine andere Art von Theorie in den letzten zwei Jahrzehnten oder so zu füllen versucht hat.


1. Morgenthau, H. J. (1948) Politics among Nations. New York: Knopf.
2. Schmitt, C. (1996 ti9321) The Concept of the Political. Chicago: University of Chicago Press.
3. Treitschke, H. von (2002) Politics. Extracts in C. Brown, T. Nardin and N. J. Rengger, Hrsg., International Relations in Political Thought. Cambridge: Cambridge University Press.
4. Smith, M. J. (1986) Realist Thought from Weber to Kissinger. Baton Rouge, IA: University of Louisiana Press.
5. Rosenthal, J. (1991) Righteous Realists. Baton Rouge, LA: University of Louisiana Press.
6. Murray, Alastair (1996) Reconstructing Realism. Edinburgh: Keele University Press.
7. Grieco, J. M. (1988) 'Anarchy and the limits of cooperation: a realist critique of the newest liberal institutionalism'. International Oganisation, 42:485—508.
8. Aron, R. (1967) Peace and War: A Theory of International Relations. London: Weidenfeld and Nicolson.
9. Hoffmann, S. (1981) Duties beyond Borders. Syracuse, NY: Syracuse University Press.
10. Bull, H. (1984) Justice in International Relations: The Hagey Lectures. Waterloo, ON: University of
Waterloo.

Brown, Chris 2004. „Political Theory and International Relations“. In: Gaus, Gerald F. & Kukathas, Chandran 2004. Handbook of Political Theory. SAGE Publications

PolBrown I
Wendy Brown
American Nightmare:Neoliberalism, neoconservativism, and de-democratization 2006

Gaus I
Gerald F. Gaus
Chandran Kukathas
Handbook of Political Theory London 2004